Portrait Beata Korioth und Frau in einer Yoga Pose

Entspannung durch neurogenes Zittern

Stress und Ängste einfach abschütteln – neurogenes Zittern kann dabei helfen Stress abzubauen und alte Muster, die der Körper gespeichert hat, los zu werden. Wir haben mit der Atem- und Bewusstseinstrainerin, Autorin und Trainerin für neurogenes Zittern, Beata Korioth, gesprochen.

Neurogenes Zittern ist eine wirksame Methode, die ursprünglich aus der Traumatherapie kommt und die uns dabei hilft, zu entspannen. Zittern ist etwas sehr natürliches und vor allem wichtiges – der Körper bekommt die Möglichkeit zu entladen und alte Informationen los zu lassen. Warum wir es verlernt haben, warum es so hilfreich für den Körper ist und was währenddessen im Körper passiert, erklärt uns die Stress-Expertin Beata Korioth im Interview.

Liebe Beata, was ist neurogenes Zittern?

Das neurogene Zittern ist unsere angeborene Antwort auf Stress und Hochspannung. Unser Körper kann von ganz allein muskuläre Verspannungen lösen, d.h. wir können Druck und Blockaden einfach abschütteln. Tiere machen das; Kinder machen es auch noch intuitiv; Erwachsene unterdrücken es häufig, weil wir Zittern mit Angst verbinden. Aber es ist vor allem ein Zeichen für (Tiefen-) Entspannung. Das ist ein ganz natürlicher Prozess, den wir leider viel zu oft im Alltag unterdrücken. Meistens reißen wir uns zusammen, wir beißen die Zähne aufeinander und kämpfen uns irgendwie durch. Wir speichern Spannung im Körper, statt sie loszulassen. Die gute Nachricht ist, wir können nachträglich das neurogene Zittern zulassen und so Verspannungen lösen. Wir gehen danach befreiter und entspannter durchs Leben.

Woher kommt das Zittern?

Wir kennen neurogenes Zittern aus unterschiedlichen Bereichen, z.B. dem Yoga, der Atemtherapie und auch aus der Traumatherapie. Ich habe das neurogene Zittern durch den Trauma-Therapeuten David Berceli kennengelernt.

Warum ist Zittern hilfreich für den Körper?

Egal ob du heute viel auf den Beinen warst oder den ganzen Tag am Schreibtisch gesessen hast, das neurogene Zittern löst die Verspannungen des Tages, aber auch den Stress vergangener Tage und sogar Jahre auf. Auch Rückenschmerzen sind sehr häufig Verspannungsschmerzen, die wir durch zittern lindern können. Es löst den Druck von Schultern und Nacken und hilft bei Zähneknirschen. Es führt zu größerer Beweglichkeit und du spürst mehr Gelassenheit. Es ist hilft sehr direkt bei Lampenfieber und Prüfungsängsten. Viele müssen lachen, wenn sie zittern, das ist dann unser Zwerchfell, das sich entspannt. Also bitte auch das Lachen unbedingt erlauben!

Was passiert während des Zitterns im Körper?

Ausgangspunkt ist zunächst der sogenannte „Psoas“, das ist ein Muskelgespann, das auch als »Kampf- oder Fluchtmuskel« bezeichnet wird. Es handelt sich um zwei Stränge, welche die Wirbelsäule links und rechts stabilisieren; sie gehen im Becken in den Darmbeinmuskel über und verbinden gemeinsam den Oberkörper mit den Beinen. Hier ist es besonders leicht, das Zittern hervorzurufen. Der Psoas-Muskel ist dafür gemacht, sich in Stress-Situationen anzuspannen, damit wir in Aktion gehen oder im Notfall auch wegrennen können. Er sorgt aber auch dafür, dass wir die Anspannung nach der anstrengenden Situation durch das Zittern wieder entladen können. Wenn wir das nicht zulassen, bleibt die Spannung im Körper und wir betäuben sie ganz gerne – z.B. mit einem „Feierabendbier“. Der Stress geht dadurch aber nicht weg. Die Spannung im Psoas-Muskel geht sehr direkt in Nacken, Kiefer und auch die Schläfen über. Im Körper ist alles mit allem über Muskel und Faszien verbunden und richtig viele Nervenenden befinden sich in den Faszien, wenn diese durch das Zittern gelockert werden, fühlen wir uns leichter und befreiter.

Warum hilft das Zittern dabei Stress abzubauen?

 Es gibt heute jede Menge Anti-Stress-Methoden, dabei haben wir DIE körpereigene Antwort auf Stress vollkommen verdrängt. Wir haben es immer dabei, es kostet nichts und es ist sehr einfach. Wir müssen nur lernen, diese Fähigkeit für uns zu nutzen. Denn dein Körper möchte häufiger zittern, als du meinst. Allein zwei Stunden auf einem Stuhl sitzen, bringt schon Verspannung in den Körper, die wir auf eine gesunde und natürliche Art und Weise entladen könnten. Wir zittern übrigens auch in wunderschönen Momenten – vor Freude. Viele tun es beim Ja-Sagen vor dem Traualtar, denn auch solche Situationen können großen Stress für uns bedeuten. Die Anspannung ist dann so übermächtig, dass der Körper selbst eine Exit-Strategie findet und sie freisetzt. Meine Erfahrung ist, dass wir Situationen, die uns früher gestresst haben, danach anders erleben. Wir löschen sozusagen die Spuren der Angst aus der Vergangenheit. Wir fahren nicht mehr so aus unserer Haut und gehen befreiter und entspannter durchs Leben.

Wie funktioniert das neurogene Zittern?

Wir rufen es hervor, indem wir eine Übung machen, die den Psoas-Muskel ermüdet: 

Leg dich auf den Boden. Bringe die nackten Fußsohlen zusammen, presse Fersen und Fußballen aufeinander, lass die Knie seitlich fallen und dann habe das Becken ab. Wichtig ist, dass die Füße nicht wegrutschen, du brauchst eine rutschfeste Unterlage, z.B. Yogamatte. Achte darauf, dass du die Beine nicht soweit öffnest, dass du den Bewegungsspielraum im Becken blockierst. Dann bringe die Knie langsam etwas zueinander. Dein Psoas-Muskel wird jetzt unwillkürliche Bewegungen machen. Manchmal zuckt es, manchmal schwenkt das Becken. Lass es geschehen. Das Zauberwort heißt ERLAUBEN. Ein Tipp: Wenn dein Körper bereits müde ist, z.B. nach dem Sport, wirst du leichter zittern können. Wenn du zitterst, kannst du das Becken wieder absetzen und die Füße eine Handbreit auseinander auf dem Boden aufstellen. Du kannst jederzeit aufhören oder Pausen machen. Wer sich einmal mit dem Zittern vertraut gemacht hat, wird keine Vorübung mehr brauchen. Dann kannst du dich einfach hinlegen, die Füße auf dem Boden aufstellen und zittern.

Hier geht’s zum Anleitungs-Video auf Youtube: 
https://www.youtube.com/watch?v=Fk-ZDKWFCtU


TIPP:
Wer mit Beata Korioth gemeinsam zittern möchte, kann dies ab dem 15.11.2021 immer montags von 18.00-19.15 Uhr oder ab dem 19.11.2021 freitags von 08.00-09.15 Uhr via Zoom tun. Für Infos und Anmeldungen schickt eine E-Mail an: info@beatakorioth.de


Über Beata Korioth:

Beata Korioth ist Atem-und Bewusstseinstrainerin, Yogalehrerin, Autorin von „Goodbye Stress“, Expertin für Stressmanagement, Podcast-Host, Gründerin der School for Being, einer Schule für Bewusstseinstraining, Gründerin der Yoga Conference Germany und der Yoga Studios Lord Vishnus Couch und Mutter dreier Kinder. Ihr Lebensmotto ist: WENN ES KEINE FREUDE MACHT, ÄNDERE ES!!!!

Bild Beata @ Cornelis Gollhardt


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2 Kommentare zu “Entspannung durch neurogenes Zittern

  1. Ich leide auch unter Zähneknirschen. Interessant, dass die innere Anspannung Grund dafür sein könnte. Ich habe mir von der Kieferorthopädie eine Spange machen lassen.

  2. Vielen Dank für diesen aufschlussreichen Beitrag. Dein Artikel ist wie eine Einladung zum Tanzen, die mich ermutigt, mich auf eine einzigartige Reise der Entspannung zu begeben. Hier ist ein virtuelles „Schüttel dich frei, schüttel dich glücklich“ für eure innovative Herangehensweise und eure Fähigkeit, frischen Wind in das Feld der Entspannung zu bringen!

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