Yoga und Schönheit – anmutige Körper, tolle Posen, fließende Bewegungen. Beim Yoga geht es nicht um die äußere Form, sondern ums Innere. Um ein Strahlen, das sich von innen heraus entwickelt. Warum Yoga unsere Flucht vor dem Außen bleiben sollte.
Yoga – die jahrhundertealte Praxis aus Indien, für die man eigentlich nur eine Matte und ein bisschen Ruhe braucht, ist zum Lifestyle geworden. Teure Yogamatten, Panties, Bras, die hippe Leggings, die designte Glasflasche, die perfekte Yogamattentasche – alles Dinge, die die Praxis eigentlich nicht braucht, die wir aber immer öfter sehen.
Was wir auch sehen, sind Menschen, die sich beim Üben der Asanas zeigen. Oft sind es Influencerinnen, die ein Produkt bewerben oder stolze Yogis, die es in den Kopfstand geschafft haben. Ich habe dazu mal einen Post gelesen, der in Frage stellte, warum sich Yogis dauernd so zeigen. Der Vergleich war: Ein Tennisspieler würde sich ja auch nicht dauernd mit seinem Schläger in der Hand fotografieren. True Story, oder?
Die Fotos zeigen “hey ich hab’s im Griff”
Auch verträumte Bilder am Strand, auf einem Felsen in Bali oder Sri Lanka, die den Yogi im Unterarmstand oder der Krähe zeigen, kennen wir. Aber sie haben so wenig mit der Realität zu tun.
„Diese Bilder drücken aus ‚Hey, ich mache easy eine Krähe, mein Lifestyle ist entspannt und ich habe dieses Yogadings im Griff.‘ Ob die Fotografierte danach ihren Partner anschreit, weil das Foto kacke aussieht oder die Palme im Hintergrund nicht zur Geltung kommt, wissen wir nicht.„
Auch als Yogalehrerinnen sollten wir uns immer wieder die Frage stellen, was wir eigentlich zeigen oder kommunizieren möchten. Egal wie schön Savasana ist und wie sehr wir uns wünschen, dass andere Menschen in den Genuss kommen, es ist ein No-Go Fotos mit Schülerinnen, die in Savasana liegen, zu posten. In Savasana ist man so raw, so nackt, da fließen auch mal Tränen – für mich ist das eine intime Situation. Ich finde, dass hat in Social Media nix zu suchen.
Dass Yoga mehr und mehr in den Alltag vieler Menschen eingezogen ist, ist gut. Dass Medien darüber berichten auch und dass es mehr und mehr Yogastudios auch außerhalb von Städten gibt, erst recht. Denn alle Menschen brauchen Wohlfühloasen und sollten Zugriff auf eine Praxis haben, die ihnen dabei hilft abzuschalten, sich gut zu fühlen, neue Energie zu aktivieren und (!) ein besserer Mensch zu werden.
Gründe fürs Yoga praktizieren
Ja, richtig gehört, darum geht es beim Yoga. Meine drei Hauptgründe für Yoga sind:
1. Eine bessere Verbindung zu mir und meinem Körper etablieren.
2. Ein besserer Mensch werden.
3. Eine Anbindung an etwas Höheres festigen.
Deine Gründe sehen anders aus? Das ist total ok, denn jeder Mensch ist anders. Aber als wir beim Thema Schönheit für diese Ausgabe ankamen, haben wir uns schon gefragt, ob es ein bisschen abhandengekommen ist, dass es beim Yoga eben um das Innere geht.
Eigentlich wollen wir ja im Yoga gerade nicht im Außen sein. Wir wollen weg von, wie sehe ich generell aus oder wie sehe ich aus, wenn ich den Handstand mache. Darum haben alle guten Yogastudios auch keine Spiegel. Und das soll auch so bleiben.
„Yoga ist eine Pause vom außen, mit dem wir uns dauernd und zu viel beschäftigen. Es ist die Zone, in der wir sein können, wie wir sind. In der wir bewertungsfrei angenommen und gehalten werden. Dafür braucht es keine Hippness – dafür braucht es nur einen wertfreien und offenen Raum. Aber da dieser Raum wertfrei ist, heißt das auch, dass jeder so kommen darf, wie er will.„
Akzeptanz ist ebenfalls eine wichtige Tugend, die uns die Praxis lehrt. Wenn die Dame vor dir immer perfekt geschminkt und gestylt erscheint, dann ist das ok. Wenn sie irgendwann das Gefühl hat, hier in diesem Raum brauche ich das nicht, hier kann ich anders sein, dann ist das schön. Wenn dem nicht so ist, gilt es das aber auch zu akzeptieren.
Yoga on und off the mat
Denn das Wichtigste ist doch, dass wir alle nicht nur Yoga on the mat (und damit meine ich nicht nur die Asanas, sondern auch die Schriften, das Meditieren und vieles mehr) sondern Yoga off the mat praktizieren. Ich gebe euch ein Beispiel: Ich war eine Stunde zum Ashtanga auf der Matte. Meditiert habe ich auch. Wenn ich es aber danach nicht schaffe, liebevoll und gewaltfrei mit mir und anderen Menschen zu sein – dann finde ich das blöd.
Ich verurteile mich nicht dafür, weil ich ja übe, liebevoll zu sein, aber ich frage mich dann, ob die Praxis vielleicht nicht ausreichend war oder ob ich an diesem Tag etwas ganz anderes gebraucht hätte.
Yoga off the mat ist für die Jahre, in denen wir älter werden, das höhere Ziel als die Asana-Praxis, was nicht heißt, dass wir diese vernachlässigen sollten. Aber Yoga off the mat hat für mich sehr viel damit zu tun, ein besserer Mensch zu werden und zu sein. Mit all meiner Kraft und meinen Möglichkeiten.
Da spielen die Yamas und Niyamas eine große Rolle, denn da ist festgehalten, wie ich mit mir selbst und anderen, auch außerhalb der Matte, umgehen. Die also immer mal wieder anzuschauen, statt Bakasana zu üben oder danach lohnt sich. Yoga ohne diese Lehre, ohne die Schriften und den Hintergrund macht wenig Sinn, wollte ich gerade schreiben.
Aber das stimmt natürlich nicht. Sinn macht es schon, weil es immer gut ist, den Körper zu bewegen. Aber dann ist es eben Bewegung, Fitness, Akrobatik, aber kein Yoga. Mit Lara Heimann habe ich im Podcast über ihre Methode gesprochen und gefragt, wo denn Spiritualität und Lineage blieben – sie antwortete mir, dass jede körperliche Praxis auch eine spirituelle ist, durch Achtsamkeit und Atem.
Yoga sagt dir: Du bist schön
Wenn wir aus einer Yogastunde herausgehen und das Gefühl haben, „Ich bin gut so wie ich bin“ oder „Ich habe etwas über mich herausgefunden, was ich noch nicht wusste“ oder „Ich fühle mich jetzt leichter“ dann ist das ein großes Geschenk. Darum geht es für mich.
Mir geht das Herz auf, wenn mir eine Schülerin zurückgibt, dass sich durch die Praxis Dinge in ihrem Leben verändert haben. Von Moritz Ullrich habe ich im Podcast gelernt, dass wir als Lehrer ein bisschen davon zurücktreten sollten, dass es sich nämlich nicht um uns als Person, sondern um die Praxis dreht.
Von innen strahlen
Aber zurück zum Schönen. Die Yogapraxis (und damit ist wieder alles gemeint Asana, Schriften lesen, Mantren, Musik etc.) ist ein toller Begleiter für das gesamte Leben, weil wir immer wieder zweifeln, grübeln und uns Sorgen machen. Uns fragen, bin ich schön? Oder genüge ich? Müsste ich nicht besser sein? Mögen mich die anderen so wie ich bin?
Dabei ist das gar nicht unsere Natur, die ist nämlich viel eher Sat Chit Ananda wie die Yogis sagen – das Einladen von Weisheit, Wonne und Glückseligkeit.
Und daran erinnert uns die Praxis immer wieder, wenn wir ihr verbunden bleiben. Dass wir gut sind, wie wir sind. Natürlich haben wir alle Macken, Muster und Marotten. Aber die schauen wir uns an, wenn wir in Verbindung kommen und nicht dauernd im Außen sind. Das Außen, die äußerliche Schönheit, das hat sehr viel mit Zeigen, gesehen werden wollen und Aufmerksamkeit zu tun. Das kann wie ein Rausch sein, gerade auf Instagram.
„Aber sich dem zu entziehen und aus einer guten Yogastunde mitzunehmen, ich bin schön so wie ich bin, mit oller Leggings, ohne Make-up und out-of-bed-hair, weil ich von innen strahle, das hält länger und fühlt sich 1000 Mal besser an als ein Like von einer fremden Person.„
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