Simone Lopez Sanchez über das älter werden

#embracethechaos Blähbauch, Hitzewallungen, PMS – fühlt sich so das Alter an?

Simone ist verwirrt. Und es ist nicht Long Covid. Heiß ist ihr auch, dazu gesellen sich Blähbauch und Reizbarkeit. Einfach nur PMS, einfach nur eine Phase – oder geht es ab jetzt bergab?

Dieses Mal sitze ich vor einem leeren Blatt Papier. Mein Kopf hämmert. Normalerweise habe ich jeden Monat etwas, was mir aus den Fingern flutscht – dieses Mal bin ich leer, genauso leer wie mein Magen. Ich esse gerade Schonkost, die mir nach Tagen übelster Magenschmerzen von meiner neuen Hausärztin empfohlen wurde. Dabei dachte ich, die Magenschmerzen wären eine weitere fiese Freundin von PMS. So wie der Blähbauch. Und die Hitzewallungen. Und, psst, die Laune. 

Aber das sind doch keine Alterserscheinungen, oder? Zum Thema Alter fällt mir ein lustiges Telefonat ein. Frau Schlenke, aus dem Büro meines alten Vermieters, rief mich diese Woche an. Normalerweise denkt man vielleicht, oh Gott, die alte Hausverwaltung ruft an, das kann nichts Gutes bedeuten. Ich hingegen freue mich, denn alle Menschen, die dort arbeiten sind einfach sehr nett. 

Frau Schlenke, mein Engel

Frau Schlenke flötetet verwirrt ins Telefon: 
„Frau Sanchez, wir haben Post von ihnen bekommen.“
„Ja, sie meinen die E-Mail.“
„Nein, nein – ich meine einen großen Umschlag. Da waren Unterlagen an ihren Steuerberater drin. Unsere Adresse aber zu Händen einer Frau, die nicht bei uns arbeitet.“

Mir wurde warm, so warm. So ähnlich warm wie bei den Hitzewallungen, die ich schon seit einiger Zeit kenne. Ich hatte die Unterlagen für den Steuerberater einfach an meine alte Hausverwaltung geschickt. Was war da los in meinem Kopf?

Habe ich, weil die bei der Hausverwaltung so nett sind, unbewusst gedacht, ach mal wieder Kontakt aufnehmen? Oder war ich einfach noch gedanklich in der E-Mail hängen geblieben? Oder bin ich einfach überarbeitet? 

Dann muss ich schmunzeln. Ich sage:
„Frau Schlenke, oh Gott, das ist wohl ein Zeichen, dass ich Urlaub brauche. Es tut mir leid.“
„Ach, nicht schlimm“, sagt sie, „aber ja, das mit dem Urlaub könnte sein.“ 
Ich warte noch kurz auf ein „das ist mir auch letztens passiert“. Stille in der Leitung. 

Und weil es einfach die netteste Hausverwaltung der Welt ist, hat Frau Schlenke, die wie ein Engel über dem Telefonat schwebt, sich bereits die Adresse des Steuerberaters notiert und bietet mir an den Brief weiterzusenden. Solche Menschen braucht man. 

Ich muss kurz darüber nachdenken, dass meine Steuerberaterin sehr bedacht auf Sicherheit ist. Aber was machen verschlüsselte E-Mails für einen Sinn, bei einer Mandantin, die offenherzig die eigenen Geheimnisse in der Welt herum versendet.

Vergesslichkeit und blutende Ohren

Das ist also mein erster Beitrag zum Thema älter werden, meine Vergesslichkeit. Als ich die Woche in einer Arztpraxis saß, flötetet eine ältere Frau, die sehr ungeduldig war, dass sie so vergesslich sei, liege nur an Covid. Der Rest der Wartegemeinde lächelte sanft. Die Frau gingen allen auf die Nerven. Sie jammerte übers älter werden, übers krank sein. Puh, dachte ich, dass hier ist schlimmer als Trash-TV. Ich habe eine Abneigung gegen dieses ewige Jammern. „Meine Kinder kommen auch nicht mehr“, flötet sie weiter. 

Ne, denke ich, denen bluten evtl. auch schon die Ohren. Ihre Tochter hat bestimmt Blähbauch, so wie ich, wer will da noch Ohrenschmerzen dazu? Ich finde es ganz gut, wenn die ältere Generation begreift, dass arbeitende Eltern mit Kindern Unterstützung brauchen. 

Statt Long Covid für meine Schusseligkeit verantwortlich zu machen, was irgendwie en vogue ist, scheint mir, muss ich sofort an die Checkliste von Susanne Liedtke von nobodytoldme denken, die ich mir, als ich für das Interview recherchiert habe, sofort ausgedruckt und natürlich ausgefüllt habe. Vielleicht bin ich nicht nur hart PMS geplagt, sondern mitten in den verfrühten Wechseljahren? Wer weiß das schon. Sozusagen ein doppelter Jackpot.

Wallungen und Reizbarkeit

Der „Menopaus Rating Scale“, so heißt die Checkliste, stellt mir Fragen wie „Haben Sie Wallungen, Schwitzen Sie?“ Ja, tue ich, aber auf einer Skala von keine bis sehr stark, muss ich überlegen. Ich nehme mal mittel, das ist immer gut. 

„Bin ich reizbar, nervös, innerlich angespannt?“ Hm, ich tendiere zu mittel, dann sehe ich kurz in das Gesicht meines Mannes, der mir am Schreibtisch gegenübersitzt und lauthals telefoniert (was schon ein Grund für Reizbarkeit sein kann) und kreuze dann doch stark an. Den Fragebogen kann ich mit zu meiner Frauenärztin nehmen, die ich nächste Woche besuche. 

Zu diesem Termin werde ich mein 4-jähriges, zur Unruhe neigendes Kind, das ca. 3x die Woche ebenfalls von schlechter Laune oder Ausrastern geplagt wird, mitnehmen müssen. Weil ich als selbständig arbeitende Frau immer für die Nachmittage zuständig bin, die ich mit Playdates oder Kursen vollstopfen muss. Obwohl ich genauso viel oder mehr arbeite (achtung, heißes Thema) wie mein Mann. Das Magazin, der Podcast, Yoga, eine 25-Stunden Freelance-Buchung, der Haushalt, das Kind  – ich verdiene trotzdem weniger. 

Ich reizbar, iwo? Affe Jim ist mein alter Ego.

Und denke selbst, wenn ich das lese, du hast doch nicht mehr alle Latten am Zaun. Am Ende meines Lebens werde ich verarmt auf einem harten Kissen, genäht aus zu viel gearbeiteten Stunden und Schweiß, sitzen und selbst gedrehte Zigaretten für die Nerven rauchen. Natürlich habe ich vorher Yoga gemacht. 

Aber zurück zum Arzttermin, kein Problem, während ich über Blähbauch, sexuelle Unlust, Magenschmerzen und Stimmungsschwankungen berichten werde, gegen die auch fucking Mönchspfeffer als Tee oder Kapseln nicht hilft, setze ich das Kind einfach auf den großen spannenden Stuhl und drücke ihm ein Buch zu sexueller Früherziehung in die Hand. Reizbar? Ich? Iwo. Frau ist es ja gewohnt, nirgendwo mehr allein zu sein und Multitasking aus dem Nähkästchen, das ich nie besessen habe, zu schwafeln. 

Ich muss an Affe Jim aus dem Kinderbuch “Jim ist mies drauf” denken, der dauernd brüllt: “Schlechte Laune, ich? Iiiiiichhhh haaaabe keine schlechte Laune!!!!!” Man bescheinigt mir, ich lese das wirklich sehr gut vor.

Was von allem ist es bloß?

Tja, und was ist das jetzt? Einfach eine leicht überforderte Frau, die bald 40 wird, zu wenig Zeit für sich selbst hat und sich abregen sollte? Damit auch die vermutete Magenschleimhautentzündung mit Zwieback und Suppe von dannen zieht. 

Oder eine fast 40-jährige, die vor dieser Zahl keine Angst hat, weil sie genug coole Vorbilder um sich herum hat und diesen Geburtstag mit Ach und Krach feiern will, aber gerade wegen besagtem Magen auf Kaffeeentzug ist? Ja, manchmal ist die Lösung auch einfach. Sabine empfiehlt mir ab jetzt Matcha-Latte. In meiner Verzweiflung bin ich für alles zu haben.

Oder eine fast 40-jährige Frau, die vielleicht in die Perimenopause schlittert und der noch nichts von ihrem Glück schwant? Nein, ich glaube nicht. 

Ich werde von besagtem Arzttermin berichten. Influencerinnen würden eine Kamera aufstellen und das Spektakel filmen. Trash-TV könnte vielleicht einpacken, das Kind würde ein Star, mich würde man verteufeln aber dafür müsste ich nicht mehr arbeiten. Das würde mich entspannen, der Blähbauch wäre weg und gegen die Hitzewallungen setzte ich mich einfach im Bikini auf die Terrasse.

Over and out,
Simone

Kategorien Kolumne

Simone ist Mama eines kleinen Jungen, leidenschaftliche Yoga- und Meditationslehrerin, Podcast-Gastgeberin, freie Autorin und PR-Beraterin und ihre große Liebe ist das Schreiben. Sie ist verantwortlich für alle Inhalte und Texte bei PersonalityMag.

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