Simone hatte ein Wochenende Auszeit mit dem Mann. Statt weit weg, ging es nach Köln. Es gab viele Learnings, eine magische Massage und Verbundenheit.
Der Raum ist leicht abgedunkelt. Es riecht nach Lavendel. Meine Schultern sinken nach unten. Entspannung liegt in der Luft. Ich lege mich auf die Liege. Ich atme tief ein und aus, dann berühren mich zwei himmlische Hände. Sie liegen einfach nur warm und leicht auf mir. Ich atme tiefer und lasse los, gebe vollkommen ab. Und sinke schwer und tief in die Liege hinein.
An diesem Wochenende bin ich ohne Kind unterwegs. Statt in Lissabon wie ursprünglich geplant, liege ich nur 55 km von zuhause entfernt in einem Massage-Raum. Genauer gesagt in Köln. Das Kind war bei meiner Mutter und dass dieser Trip am Ende überhaupt zustande kam, gleicht einem Wunder. Ich hatte das ursprüngliche Lissabon-Wochenende wegen eines Yoga-Workshops mit Martyna Eder getauscht. Fail.
Alles, aber bitte keinen Stress
Der Mann war not amused und die Flüge am neu ausgewählten Wochenende nach Lissabon waren so teuer wie ein Kleinwagen. Es war zum verrückt werden – wir fanden ein Wellnesshotel direkt bei uns um die Ecke, ausgebucht. Wir checkten Malaga, Barcelona, Istanbul, Berlin – irgendetwas stimmte immer nicht.
Schon die Vorstellung, 7,5 Stunden im Zug nach Berlin zu sitzen, stresste mich. Und Stress wollte ich am wenigsten. Und ich hatte Angst vor dem grauen Berliner-Wetter. Alle anderen flogen an diesem Wochenende nach New York. Ach, wer sind schon die anderen?
Dieses Wochenende sollte nur für uns und zur Erholung sein. Ausschlafen, entspannt frühstücken, bummeln, ein bisschen ausgehen. Keine Spielplätze, Schreianfälle, keine Probleme lösen, keine Scherben am Frühstückstisch – eeeentspannt.
Denn ich war weit weg von entspannt. An einem Wochenende bei meiner Mutter verlor ich so die Nerven, dass die sagte: Kind, du brauchst jetzt mal ne Pause. Ja, dachte ich, das ist was wahres dran. Und dann kam die Frage, die man sich in solchen Situationen immer stellt: Aber wie?
Über Bord mit den „abers“
Die Antwort darauf lautet am Ende immer gleich: Alle “abers” und Bedenken über Bord schmeißen und einfach machen! Und so brachte ich das aufgeregte Kind von Donnerstag bis Sonntag zu meiner freudestrahlenden Mama – beide freuten sich.
Das Kind, weil Oma jeden Wunsch erfüllt. Die Oma, weil es endlich mal wieder laut ist im Haus. Puh, dachte ich, wie sich das alles verändert. Wenn wir mittendrin stecken im Alltag mit Kindern, dann wünschen wir uns oft Pausen und einfach mal Ruhe. Und später dann, wenn alles ruhig ist, na ja, dann wollen wir es wieder haben, das pralle Leben.
Ich und der Mann – wir fuhren dann einfach nach Köln. Jap, nur 45 Minuten Autofahrt von uns entfernt. Nicht lange anreisen, ein paar Sachen ins Auto schmeißen und los. Und statt Donnerstag bereits los zu fahren, verbrachten wir den Tag erstmal zuhause.
Und das war so gut, ich kam runter, musste nicht sofort los springen, konnte in Ruhe die Wäsche machen und zwei laut stöhnende Einheiten Yin-Yoga machen und am Freitagmorgen starteten wir frei und losgelöst.
Mir wurde warm ums Herz
Klar waren wir schon oft in Köln, aber nie haben wir übernachtet und nie sind wir, wie in anderen Städten, auf Entdeckungstour durch die Veedel gegangen. Das habe ich an meiner Zeit in Hamburg so geliebt und das geht auch in Köln ganz wunderbar.
Und wann immer wir am Rhein saßen und von der anderen Seite aus, der “schäl Sick” auf den Dom und die Brücken schauten, wurde mir warm ums Herz. Da war es wieder, das Gefühl, dass einen Orte entspannen können.
Ich ging zum Yoga und entdeckte eines der schönsten Studios überhaupt: das The Yogaloft. Nur tolle Leute, Herzlichkeit, Weite – all das schoss mir rein ins Herz. Und als ich dort in Savasana lag, wurde mir klar:
„Wir müssen nicht weit weg, um den Kopf einmal durchzupusten und die Seele baumeln zu lassen.„
Aber hey, zu sagen “Ich war am Wochenende in News York” klingt natürlich cooler.
Frei für ein Wochenende
Wir bummelten, durchs Agnesviertl und durchs Belgische Viertel. Wir gingen essen, mal hier, mal da. Alles war spontan, nichts reserviert. Wir nahmen das, was frei war. Wir machten an jeder Ecke das Beste draus. Wir redeten in Ruhe miteinander und fühlten uns verbunden. Wir genossen die kölsche Art – und ja, die stellt Verbindung her!
Und weil der Mann die Energie eines 25-Jährigen hat, gingen wir auch aus. Ich fühlte mich alt und müde an der Bar, der Mann tanzte zu AnnenMayKantereit. Wir machten Sport, ich krachte unter den Hanteln zusammen und schwor mir, endlich was für den Po und die fehlenden Muckis zu machen.
Ich frühstückte neben Steffen Henssler und fragte mich, wie das wohl ist, wenn man als Koch auswärts ist. Warf den Gedanken aber schnell über Bord, weil mich Herr Henssler nich die Bohne interessiert. A prospos Bohne, ich schaffte es an diesem Wochenende keinen Kaffee anzurühren.
Wir waren in der Sauna, schwimmen uuuuund… ich hatte eine Massage gebucht. Wer die Kolumne liest, erinnert vielleicht noch das Marrakesch-Disaster.
Die magische Massage
Diese hier war magisch. Waren es ihre Hände? War es der Raum, das Öl? Sie fragte mich nach meinem aktuellen Status: “Zu viel Arbeit, zu wenig Erholung, geschwaächt von Magen-Darm-Virus, Nerven leider blank.” “Hm, hm”, sagte sie. Und dann war alles ganz langsam, ganz ruhig.
Jede Berührung fühlte sich so besonders leicht und warm an. Ich hätte stundenlang mit ihren Händen auf meinem Dekolleté liegen können. Es war, als ob Frau Hölle mich auf ausgeschüttelten federleichten Kissen mit magischen Massagehänden verwöhnte. Als ich wieder aufwachte aus dem Traum fühlte ich mich leicht und aufgeladen. Als ob man mich an eine Steckdose angeschlossen hätte.
Als ich der Zauberin sagte, wie gut ich das fand und wie besonders, sagte sie:
“Ich bin einfach präsent. Ich schaue nicht in eine andere Ecke oder lasse mich ablenken, ich bin nur bei ihnen.”
Ich fühlte mich verbunden. Mit der Präsenz der mir fremden Massage-Frau, die ich am liebsten umarmt hätte, denn sie nahm etwas von meinen Schultern. Nur ich selbst hörte es laut krachen, so als ob ein riesiger Stein von einem Felsen fällt. Oder ein kleines Stück vom Kölner Dom auf den Asphalt kracht. Ich fühlte mich verbunden mit mir selbst, ich spürte wieder, wo ich hin atmen muss. Und ich wusste, was ich brauche und wozu ich “nein” sagen werde. Denn das, so wurde mir klar, fällt mir immer noch schwer.
Als ich mit einem After-Massage-Tee da saß, wurde alles auf einmal so deutlich: Es darf langsamer werden. Alles. Und es soll mehr Berührung her. Mehr Präsenz und mehr im Moment sein, keine Ablenkung, kein Handy, keine 100.000 Gedanken in alle Richtungen. Mehr ich, mehr wir und ja mehr Verbindung.
So viele Learnings nach einer Massage, ich buche mich wieder ein!
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