Redakteurin Anne Hehl hat einen „Intentional Painting”-Workshop bei der Künstlerin Sabela Garcia Cuesta in Hamburg besucht. Malen in der Gruppe – hilft das dabei, die weibliche Energie zu befreien und in den kreativen Fluss zu kommen?
An einem sommerlichen Freitagabend betrete ich die B-Lage im Hamburger Schanzenviertel, eine Pop-Up-Location für kreative Menschen und deren Angebote. Für kreativ halte ich mich ehrlicherweise nicht, zumindest nicht im Kontext von gestalterischen Tätigkeiten wie Zeichnen, Malen, Bildhauerei & Co. Dennoch bin ich hier für eine Art Workshop, zu dem ich mich angemeldet habe.
Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal einen Pinsel in der Hand gehalten habe. Vermutlich, als meine Tochter noch im Bastelalter war. Und schon damals war ich froh, wenn ich mich einfach nur an Malbüchern austoben durfte, wo es lediglich darum ging, die vorgedruckten Bilder mit Farben zu füllen.
Farben gibt es an diesem Freitagabend auch. Mein Blick fällt direkt beim Betreten der kleinen, hübschen Ladenfläche auf die vielen Flaschen, die regenbogenartig aufgereiht in einem Regal stehen. Ich bin gespannt, was mich erwartet.
“Intentional Painting” mit Sabela Garcia Cuesta
Unser Host des Abends, die spanische Künstlerin Sabela Garcia Cuesta, die in Madrid aufgewachsen ist, begrüßt mich warmherzig. Eventuelle Nervosität aufgrund des ungewohnten Terrains, auf das ich mich gewagt habe, hat keine Chance. Außer mir sind an diesem Abend noch acht weitere Teilnehmer:innen dabei, die, ähnlich wie ich, weder Profi- noch Amateur-Künstler:innen sind.
Während Pinsel und Leinwand für mich eher ungewohnt sind, ist Sabelas Weg, in den Abend zu starten, mir sehr vertraut und geht direkt in mein Herz. Sie bittet uns alle, zunächst eine Karte mit einem Krafttier zu ziehen.
Meine Karte zeigt den Frosch, der für Transition steht. Nach einem kleinen Dankbarkeitsritual schließen wir die Augen und verbinden uns begleitet durch Musik und Sabelas Worte mit unserer Intention für den Abend. Denn wir sind heute schließlich beim „Intentional Painting“.
Was sich im Innen bewegt, außen sichtbar machen
Es geht an diesem Abend nicht darum, Maltechniken zu erlernen oder gar ein besonders schönes Bild zu kreieren – wobei das ja sowieso im Auge der Betrachter:in liegt. Es geht darum, unsere ganz persönliche Intention, in Farben und Formen auf die Leinwand zu bringen und das, was uns im Inneren bewegt, im Außen sichtbar zu machen.
Und so malen wir drauf los. Wir zeichnen z.B. unser Gegenüber, ohne dabei aufs Blatt zu schauen. Die Ergebnisse sehen irgendwie aus, wie die Werke surrealistischer Meister:innen.
Durch ein paar Aufwärmübungen mit Papier und Pastellkreide schafft es Sabela, dass wir Perfektionismus und Qualitätsansprüche an unsere Werke über Bord werfen.
Perfektionismus über Board – mehr fühlen, weniger denken
Dann greifen wir zu Leinwand, Pinseln und Acrylfarben für unser Intentional Painting. Mein erster Pinselstrich ist noch ein klein wenig zögerlich, aber schon nach wenigen Augenblicken, werde ich mutiger und lebendiger. Ich denke weniger über das Ergebnis nach und tauche stattdessen ein in den Prozess des Malens. Ich spüre deutlich, wie ich weniger aus dem Kopf und stattdessen aus dem Herzen heraus male.
Genau darum geht es der 34 Jahre alten multidisziplinären Künstlerin, die mittlerweile in Hamburg lebt, auch. Sabela Garcia Cuesta liebt es, an der Schnittstelle von Kunst, Wirkung, Unternehmertum und Gemeinschaft zu arbeiten, und setzt sich leidenschaftlich für die Förderung der psychischen Gesundheit durch ihre Kunst ein.
„Ich möchte Frauen zu mehr Selbstliebe verhelfen. Insbesondere in meinem ‘Brustporträt-Workshops’ geht es um Vulnerabilität und das Annehmen der eigenen wundervollen Weiblichkeit. Wir gehen sehr intuitiv an das Malen heran und lassen die Kreativität fließen. Ganz ohne Wertung. Das hat für viele eine heilsame Wirkung – sich so entschleunigt und liebevoll mit dem eigenen Körper und den eigenen Brüsten auseinanderzusetzen.“
Mit ihrer Arbeit und den Art Experiences, wie den Intentional Painting Art Workshops, möchte sie Menschen dabei unterstützen, sich mit ihrem kreativen Potential und der eigenen Intuition zu verbinden.
Sie möchte Kunst als Ausdrucksform für das, was uns im Inneren bewegt, für alle zugänglich machen. Sabela wünscht sich, dass die Menschen, die zu ihren Art Experiences kommen, Perfektionsansprüche beiseite schieben und Freude dabei haben, etwas Neues auszuprobieren. Ihr Motto dabei: „Mehr fühlen, weniger denken.“ Das alles klappt für mich an diesem Abend richtig gut.
Ich stelle fest: “Wenn wir uns selbst mehr fühlen, wenn wir mehr in echte Verbindung mit uns gehen, dann fällt es uns leichter, aus unserem Inneren heraus zu leben und uns weniger am Außen zu orientieren.”
Wir alle brauchen mehr Yin und mehr weibliche Energie
Unsere Welt ist sehr von maskulinen Energien geprägt: Perfekt sein, Ziele erreichen, höher, schneller, weiter. Dabei spielt es keine Rolle, welchem Geschlecht wir uns zugehörig fühlen. Wir alle tragen zu viel männliche Energie in uns.
Fernöstliche Energielehrer:innen sprechen vom Überschuss des Yang, die westliche Neuromedizin von einer Überbetonung des Sympathikus. So oder so: Wir brauchen mehr Yin, mehr Aktivierung des Parasympathikus, mehr weibliche Energie – wir ALLE.
Tätigkeiten, die unsere Kreativität hervorlocken, wirken hier Wunder und stärken die feminine Energie in uns. Das beobachte ich an diesem Abend auch bei den männlichen Teilnehmern, die ihre Gefühle über Farben auf’s Papier fließen lassen.
Sabelas Mission
Aber Sabela’s Mission ist nicht nur das Erwecken des Yin in uns allen, sondern auch das Umarmen der eigenen Weiblichkeit in uns Frauen. Der liebevolle und wohlwollende Umgang mit uns und unserem Körper steht im Mittelpunkt einer weiteren Art Experience von Sabela: dem „Selflove through breast portraiture-Workshop“.
Bei diesem Event malen die Teilnehmer:innen in einem von Sabela gestalteten und geschützten Raum ihre eigenen Brüste. Der Akt des Selbstportraits eröffnet einen ganz neuen Blick auf den eigenen Körper.
Wie viele Frauen einen sehr harschen und kritischen Blick auf sich selbst haben, das erfahre ich täglich in meinem Beruf als Coach:in für mentale Gesundheit. Auch in der Arbeit mit meinen Klient:innen geht es oft darum, niederschmetternde Kritik am eigenen Körper in offene Zugewandtheit zu verändern. Und natürlich begegnet mir auch der Aspekt des übermächtigen Yang tagtäglich bei den Menschen in meiner Praxis.
An diesem Abend werde ich ein großer Fan von Stift, Papier und Pinsel… und von Sabela. Ab jetzt werde ich sicherlich auch meinen Klient:innen empfehlen, sich einfach mal Zettel und einen Stift zu schnappen und drauf los zu malen.
Wir alle brauchen mehr Flow
Meine Intention an diesem Abend lautet: „wieder mehr in den Flow kommen“. Aktuell habe ich so viele Projektideen, dass sie sich gegenseitig daran hindern, umgesetzt zu werden und eine Art Knoten in meinem Kopf bilden.
Dafür male ich eine große Welle, die von gleich mehreren Sonnen beschienen wird. Zwar bezieht sich der Wunsch nach mehr Flow dieses Mal hauptsächlich auf berufliche Themen, aber letztendlich gibt es wohl kaum einen Bereich in unserem Leben, wo es sich nicht gut anfühlt, die Welle zu surfen.
Wenn Du mehr über Sabela erfahren möchtest, dann schau dir ihren Ted Talk rund um das Thema Intuition an. Und vielleicht setzt auch du dich hin und schnappst dir ein Papier und zwei Stifte und bringst deine ganz persönliche Intention zu Papier.
Trau Dich! Let it flow!
Mein Knoten im Kopf ist jedenfalls kleiner geworden.
Über Sabela Garcia Cuesta:
Sabela Garcia Cuesta ist eine 1989 in Spanien geborene Künstlerin, deren kosmopolitische Reise ihre Leidenschaften widerspiegelt: Community, Spiritualität und die Selflove Journey. Sie hat einen Abschluss in Angewandter Übersetzung aus London und beschäftigt sich in ihrer Kunst mit intuitiven Elementen und Porträts. Dabei feiert sie die im Entstehungsprozess entstandenen Verbindungen – zwischenmenschlich und zu sich selbst. Ihre Werke wurden bereits in Paris, Madrid, Berlin, Hamburg, LA, and Tel Aviv ausgestellt.
Workshops mit Sabela:
In der Hamburger B-Lage hat Sabela das Sincronia Studio eröffnet – dort bietet sie bis Ende des Jahres regelmäßig Workshops an. Die nächsten Women Circles finden am 4. und11. Oktober statt, Intentional Paintings Workshops am 5. und 12. Oktober. Alle Infos findet ihr hier.
Über Anne Hehl:
Anne Hehl ist Mental Health Expert. Als Coach:in und Heilpraktikerin für Psychotherapie begleitet sie in ihrer Praxis für Gesunde Individualität Frauen dabei, ihr Leben so zu gestalten, dass sie gesund und fröhlich, kraftvoll und ausgeglichen, zufrieden und erfüllt sind. Dies ist auch die Mission ihrer Yogaangebote: in wöchentlichen Yogaklassen, Workshops und auf Yogareisen schafft sie Räume, die zum Loslassen, Aufladen und „bei-sich-selbst-ankommen“ einladen.
Bilder Sabela Garcia @ Julia Ishmuratova
Portrait Anne Hehl @ Grit Siwonia
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