Portrait von Simone Lopez Sacnhez. Im Hintergrund ein kleiner Junge, der die Zunge rausstreckt.

Mamasein – woher weiß man, was richtig ist in Sachen Erziehung?

Du bist Mama und nicht immer läuft alles wie geschmiert? Wo drückt dir der Schuh, was fällt dir schwer und woran verzweifelst du? In der Mama-Rubrik berichten wir von Situationen mit unseren Kindern. Weil es wichtig ist, dass wir nicht allein sind und unsere Geschichten aufschreiben und teilen. Lasst uns den Mental Load und die Sorgen abbauen, indem wir sie aufschreiben. Dieses Mal: Mamasein – woher weiß man eigentlich, was richtig ist?

Ich sitze in einem Cafe. Die Hintergrundgeräusche sind laut. Die Kaffeemaschine läuft, es klappert und klirrt, Menschen quatschen, gerade fällt eine Tasse herunter. Genauso laut ist es in meinem Kopf. Es klirrt, es quietscht und ein kleiner Mann sitzt in der Mitte meines Kopfes und hämmert von oben gegen meine Schädeldecke. Der kleine Mann ist mein Sohn.

Puh, dieses Mamasein. Bin ich froh, dass wir 2023 haben und darüber reden können, wie es uns Mamas geht und wie schwer es mit den Kids ist, statt hinter hervor gehaltener Hand zu tuscheln oder zu beteuern: “Nee, läuft alles ganz prima mit den Kleinen.”

„Ich bin froh, dass ich Menschen, Mamas, Freundinnen an meiner Seite habe, mit denen ich ehrlich quatschen kann.“

Mamasein – mein Kopf ist voller Fragen 

Und dennoch plagen mich oft Fragen und Gewissensbisse. Bin ich eine gute Mutter? Hm, ich versuche mein Bestes. Jeden Tag. Aber es gibt auch einfach schlechte Tage im Mamasein. Nach der Geburt habe ich viele Ratgeber gelesen, mir viel Wissen dazu geholt. Das war gut um zu lernen: „Ah, das ist ein Schub, don’t worry.“

Und gleichzeitig wurde mir klar, mein Kind tickt auch anders als ein Buch. Ich muss schauen, was für ihn passt, statt zu versuchen, die Tipps, die mir eine fremde Person erklärt, einfach auf ihn anzuwenden. 

Jetzt ist das Kind 5. Und ich bin manchmal einfach lost. Entweder flutscht alles so oder es gibt Zeiten, da kracht einfach alles zusammen. Ich arbeite viel, auch weil ich es gerne tue und manchmal finde ich arbeiten besser, als mein Kind nach einem anstrengenden Tag runter zu regulieren. Autsch. 

Macht das eine schlechte Mutter aus mir? Nein, nur eine, die auch Bedürfnisse hat, oder? Die meisten Mütter ziehen Arbeit ihren Kindern vor, weil es dort ruhiger ist.“ 

Das ist meine Aufgabe als Mama

Mein Kind ist meist gut drauf, er mag andere Menschen und Kinder, er hat viel Power und genießt es, die Welt zu entdecken. Er fragt viel, er saugt Wissen auf, er braucht viel Bewegung und manchmal rastet er aus, weil man das falsche T-Shirt rauslegt, die falsche Marmelade aufs Brot schmiert oder oder. Er schreit dann sehr laut und er kann sich kaum beruhigen, wenn er angefangen hat. 

Es ist meine Aufgabe, ihm zu zeigen, wie das geht, aber dafür muss ich es auch selbst können, das beruhigen. Ich bin ja Yogalehrerin, haha. Ich habe mal einen Artikel für das Ursache & Wirkung Magazin geschrieben, darin habe ich Georg Lolos und eine Expertin befragt, wie das geht und wie wir das Tag für Tag schaffen. 

Ich arbeite an mir und ja mittlerweile schaffe ich den Atemzug dazwischen, stehe mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Das ist gut für die Erdung. Und ja, darum ist es wichtig, dass wir zwischen dem Mamasein selbst zum Yoga gehen, Achtsamkeit üben und uns den Hintern wund meditieren.

Was sollen wir eigentlich alles können als Mamas?

Aber es klappt natürlich nicht immer, denn ich bin ein Mensch. Und an manchen Tagen sind es einfach sehr viele Dinge, die auf mich einprasseln. Und ja, hängt mich an den Pranger, manchmal schreie ich auch. Finde ich das gut? Nein. Ich bewundere die Mamas, die seelenruhig durch die Stadt tingeln oder die einfach Mädchen haben. In meiner Welt ist es so, dass Mädchen easy going sind. Stimmt natürlich nicht, ist schon klar.

Und dann denke ich mir, was sollen wir eigentlich noch alles können als Mamas? Die Wäsche machen, den Alltag des Kindes strukturieren, in 100 Whatsapp-Gruppen sein, Geschenke besorgen, das Essen einkaufen, das Haus sauber machen, zum Kinderarzt gehen, das Kinderzimmer aufräumen, den Job schaukeln, dem Mann zuhören und am Ende noch Lust auf Sex haben? Paaah. 

Meine nächste Frage: Warum rasten Kinder wegen Nichtigkeiten aus?

Ja, mittlerweile habe ich einen Umgang damit gefunden. Ich versuche morgens so viele Stolperfallen wie möglich zu vermeiden, damit es für uns beide smooth läuft. Denn wer startet schon gerne gestresst in den Tag oder im Streit? Er will das eine T-Shirt anziehen, das eigentlich zu klein, zu kaputt, zu irgendwas ist? Ich erkläre es ihm und dann kann er es anziehen. Not my business. Kind im Schlafanzug n die Kita schicken? Ja, einfach mal machen, wenn es nicht anders geht.

Menschen, die das Kind kennenlernten, sagten mir früh, das Kind braucht Regeln. Feste Grenzen innerhalb derer es sich bewegen kann. Klingt richtig, aber wo Regel und wo alle Fünfe auch mal gerade sein lassen? Mamasein ist wie ein neuer Beruf.

Wo sollte verdammt nochmal eine Regel sein und wo keine?

Was mich nervt? Dass ich nie weiß, was eigentlich richtig ist. Wo sollte eine Regel sein und wo ist es besser, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen? In welchen Situationen sollte man mit Kindern nicht verhandeln? Wer sagt einem das? Das eigene Gefühl? Aber ist das nicht auch geprägt davon, wie wir erzogen wurden? Und was, wenn man das anders machen will? 

Das Kind war bei einer Schwimmlehrerin, die jedes Mal mit schlechter Laune zum Kurs kam. Es war mein Fehler, ich hatte die Lehrerinnen vertauscht. Jede Pore von ihr rief, ich habe keinen Bock auf Kinder. Ich akzeptiere, wer keinen Bock auf Kinder hat, nur ist das dann der falsche Beruf. Beim ersten Mal schwimmen hat sie mich lauthals angemeckert, das Kind hätte keine richtige Badehose. Bis ich herazsfand, dass er die Sporthose angezogen hatte. 

Er ist fünf, das kann passieren, wenn die Kinder sich alleine umziehen. Ist es nicht ihre Aufgabe nachzuschauen und zu helfen? Und daraus kein großes Thema zu machen? Beim zweiten Mal hat sie sich lauthals vor allen anderen Müttern darüber beschwert, dass mein Kind nicht hört. Fakt ist, mein Kind tut sich schwer zu hören, ja. Ich kenne dieses Feedback.
Meine Antwort lautet oft: “Ich rede mit ihm, da arbeiten wir noch dran.“
Und manchmal sage ich auch: “Es tut mir leid.” 

Ich will mich nicht mehr entschuldigen!

Aber ich bin dieses “tut mir leid” selbst leid. Und in diesem Fall wollte ich nicht zustimmen, weil ich mir dachte, wenn du mit solch einer Laune hier auftauchst, wie sollen dann die Kinder Lust am Schwimmen haben und zuhören wollen? 

Das Kind war in der Zwischenzeit bei einer anderen Lehrerin zum Probeschwimmen, weil mir klar war, hier wird es nicht weitermachen. Er kam freudestrahlend zurück, alles hat bestens geklappt. Eine Lehrerin mit klaren Ansagen und einem tollen Umgang mit den Kindern.

Die schlecht gelaunte Lehrerin mit dem Regenwettergesicht hat sich dann sehr in Rage geredet, mich als Mutter in meiner Haltung beschimpft und konnte meine Reaktion und meinen Vorschlag, dass wir es uns alle einfach machen und sie ihn aus dem Kurs nimmt, nicht verstehen.

„Sie wollte sich auf- und an mir abregen. Wie oft ist man als Mama eigentlich Blitzableiter?“

Immer aufs eigene Gefühl hören

Ich habe das in meiner Kindheit mitbekommen, wie es ist, wenn Lehrer einem Unrecht tun. Auch wie es ist, wenn man immer herhalten muss, nur weil man lauter und sichtbarer ist als andere. 

Natürlich habe ich nach der Schwimmstunde mit meinem Kind geredet und erklärt, dass es wichtig ist, zuzuhören. Ich habe ihm nicht das Gefühl gegeben, dass es ok ist, einfach zu machen, was er will. 

Tief in mir drin, wusste ich, er hat sich gelangweilt und fand die Frau, die kaum ein Lob für ihn übrig hatte, genauso doof wie ich. Ja, in dem Fall wurde ihm Unrecht getan. Dennoch möchte ich, dass er lernt, auf andere Menschen zu hören und sich in Kursen, wie sagt man, entsprechend zu verhalten. 

Was sagt ihr?
Immer aufs eigene Gefühl hören? Oder lieber Rat von außen zulassen? 
Und wenn ja, von wem? 
Was ist das wichtigste beim Mamasein?

Portrait Simone @ Anna Lena Duschl
Bild @ Hunter Johnson via Unsplash


Kategorien Mama

Simone ist Mama eines kleinen Jungen, leidenschaftliche Yoga- und Meditationslehrerin, Podcast-Gastgeberin, freie Autorin und PR-Beraterin und ihre große Liebe ist das Schreiben. Sie ist verantwortlich für alle Inhalte und Texte bei PersonalityMag.

1 Kommentar zu “Mamasein – woher weiß man, was richtig ist in Sachen Erziehung?

  1. Schöner, ehrlicher Artikel. Ich finde, das Wichtigste ist, den Kindern auch mal ehrlich zu sagen, dass das Gegenüber vielleicht selber Probleme hat, sie das Verhalten nicht persönlich nehmen müssen (jaaa, gelingt einem auch als Erwachsene ja nicht immer…) oder auch einfach ein Arschloch ist. ;-)

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