Simone auf einem Stuhl, umkreist von der Headline

Bademeister gesucht. Mit Erfahrung, bitte.

Menschen steigen in Badewannen und entspannen. Sie kommen zur Ruhe und lassen die Welt für einen Moment vor der Badezimmertüre. Die machen SAVASANA im Wasser. Für Pitta-High-Energy-Perimeno-Pause-Girl Simone unvorstellbar. Wie wird man ein entspannter Bademensch?

Ich mache das Licht aus. 

Ich lasse Wasser einlaufen. 

Ich stelle eine Kerze auf die Fensterbank. 

Ich schütte ein Waldbad in die Wanne. Es soll einen ähnlichen Effekt wie ein Waldspaziergang haben. 

Glaube halt alles, was auf Packungen steht. 

Während das Bad einläuft, erledige ich noch ein paar Dinge wie: Kinderzimmer saugen, Wäsche nach unten bringen, Spülmaschine ausräumen und mache das Becken im Badezimmer sauber.

Dann lege ich mich rein ins grüne Bad.

Ich bin verpsannt, gestresst und schlafe aktuell schlecht. 

Beste Voraussetzungen für ein entspanntes Bad, oder?

Ich lasse mich in die Wanne gleiten. Schaue nach oben. 

Oha, da müsste man mal Staub weg machen. Ich blicke nach rechts, das Kind braucht eine  neue Zahnbürste. Ich muss den Mülleimer ausleeren. 

Da klopft es auch schon, das Kind kommt rein. 

“Mama, das ist ja schön hier. Du machst ja gar nix.”

Ich tauche kurz unter. Mal sehen wie lange.

Das Kind findet, das Bad sollte immer dunkel sein. Es hat keine Lust, die Zähne zu putzen, steckt die Hände ins Wasser, findet, ich sollte heißer baden und der Vater, ja, der ist in eines dieser Löcher gefallen, die überall im Haus verteilt sind. Kennt ihr sicher.

Die Tür geht zu. Ich bleibe in der Wann liegen …

und frage mich: Was sind das für Menschen, die ernsthaft gut baden können?

Ich meine das ernst. Es ist ja so. Ich bin Yogalehrerin, habe viele Achtsamkeitskurse gemacht, sauge alles rund um Meditation und Buddhismus auf und habe gerade wieder einen 8-Wochen-Kurs zur Auffrischung gemacht. Ich bin aber auch Mutter, Mensch und Unternehmerin. 

Und ich weiß das wird jetzt hart, aber haltet euch fest, bevor ihr irgendwo runterfallt: Obwohl ich Yogalehrerin bin, mag ich keine Matcha Latte, ich bin öfter wütend und ich kann nicht gut baden! 

Ja, jetzt ist es raus. Menschen denken ja oft, das eine bedeutet das andere. Wer Yoga macht, ist dauer gechillt, geht lange Baden, erzieht seine Kinder bedürfnisorientiert, kauft nur bio, isst keine Gummibärchen und kommuniziert gewaltfrei. Strickt Socken, schmeißt nichts in den Einkaufswagen, was in Plastik verpackt ist, bestellt schon gar nicht bei H&M und hat das Leben, die Emotionen, die Laune und die Beziehung im Griff. 

Damit das klar ist: I am not that perfect girl!

Ich muss kurzaut lachen. Und eines sagen: Ich habe es satt, mich an einer Vorstellung auszurichten. Es ist nämlich so, ich wurde Yogalehrerin, ja, vieles änderste sich in meinem Leben zum Guten. Aber es gab Teile von mir, die ich völlig negiert habe. Und Freunde,ich kann euch sagen, dass geht auf Dauer nicht gut. 

Heilig auf dem Kissen sitzen, während man lieber im Kettenhemd durchs Berghain tanzen würde … Ich sage es mal so: lieber erst tanzen gehen, danach auf’s Kissen. 

Ich, das Pitta-High-Energy-Perimeno-Pause-Girl 

Zurück zum Thema: Also, die Matcha Latte, die gebe ich immer noch nicht auf. Aber sie schmeckt mir nicht. Und ja, als Pitta-High-Energy-Perimeno-Pause-Girl würde ich gern vom Kaffee weg. (Darf man mit fast 40 noch Girl sagen?) Ja, ich kenne die Vor- und Nachteile oder besser die Nachteile. Aber es gelingt mir gerade nicht. 

Wütend sein ist eine Emotion. Die haben alle Menschen. Der eine nimmt es wahr, der andre nicht, viele schieben es weg. Warum reden wir so wenig über Wut? Haben Gurus keine Wut mehr? Alles weg meditiert?

Ich stelle mir vor, wie ich nach 10 Jahren weiterer Praxis diesen Text lese und mir dann denke: Ach Simone, damals, da warst du noch wütend… Dabei laufe ich in einer Organgefarbenen Robe einen Gang hinunter und trinke einen Kräutertee. Stoße mit mir selbst aufs Leben an.

So und jetzt wirklich zum Baden. 

Ich kann nur schwer in einer Wanne mit warmem Wasser liegen und nichts tun. Ok, klären wir erstmal, was “gut baden” bedeutet. Das sind Menschen, die kommen an, legen sich rein, driften weg, streicheln ihre Arme, schauen auf die Kerze. Ich weiß es nicht, aber sie bleiben laaaaaaang. So laaaaang. Bis die Haut schrumpelt. Und das Leben vorüberzieht. 

Vielleicht machen Sie noch Skincare, Fußpflege oder Selbstmassage? Ach so, Selbstbefriedigung. Das ist natürlcih eine gute Idee. Aber vielleicht, so schwant mir, machen die nix. Die machen SAVASANA im Wasser. 

Entspannte Bademenschen

Ich hatte mal eine Mitbewohnerin, die war sehr eeeeeentspaaaant. Die hatte 2 Katzen und 2 Zöpfe. Die Katzen waren nervig, so wie es halt mit 2 Katzen und 2 Erwachsenen in einer kleinen Wohnung sein kann. Ich glaube, sie hat die Wohnung ausgewählt wegen der Badewanne. Das Bad war klein, aber es gab besagte Wanne. 

Und die hat sie platt gelegen. Sie hat den Beton (aus was ist eine Wanne?) platt gelegen. Sich selbst wund gelegen. Sie hat so viele Kerzen angezündet, wie sie in einer Kirche rumstehen. Sie hat einfach so oft gebadet, dass ich mir mehrmals fast in die Hose gepinkelt hätte. Aber damals war der Beckenboden noch eins a. So fing ich an über das Baden nachzudenken. 

Kindheitserinnerungen – an braune Badewannen

Als ich jetzt in die Wanne steige, denke ich an besagte Mitbewohnerin. Und an die Badewanne im Haus meiner Eltern. Das Haus gibt es noch, aber die Wanne ist weg. Die war groß und rund, das war damals was tolles. Sie war aber leider auch braun und hatte so komische Dinger, die sich vom Boden abgelöst haben.

Vielleicht war sie braun, weil man darin keine Kinderscheiße sehen kann? Also nicht, dass wir in die Wanne.. na ja, ihr wisst schon. Nein, braun, das war damals Trend. Genau wie gelbe Küchen. 

Aber Baden in dieser Wanne war immer schön, man durfte lange bleiben, planschen. Aber man hatte was zu tun, Boote hin und her fahren lassen. Oder man wurde gewaschen. Wie beim Hamam.

Simone, bleib noch – sei ein Badegirl!

Ich versuche mit diesem wohligem Gefühl aus der Kindheit zu liegen. “Bleib da Simone, das ist doch schön.” Sei eine entspannte Badeperson. Und dann kommt nach kurzer Zeit ein Gefühl, bei dem ich denke: “So Simone, das reicht jetzt. Hast du prima gemacht. Raus hier, weiter gehts.” 

Noch bevor dieser Gedanke ganz zu Ende gedacht ist, funkt mein Hirn an Arme und Beine und zack, stehe ich schon tropfend auf dem Teppich. Ich war höchstens 5 Minuten und 56 Sekunden im grünen Wasser.

Ein Nachhaltigkeitsbeauftragter würde mir einen Vortrag halten. Und ja, ich bin auch der Meinung: Wer so kurz badet, für den lohnt sich das viele Wasser ja gar nicht.

Das kann man ja besser spenden, den Vögeln zum Trinken geben oder es als Putzwasser zweit verwenden. Oder gibt es Familien, in denen dann alle nacheinander baden?

Neuer Vorsatz: Baden üben

Weil ich so stolz war überhaupt zum zweiten Mal seit kurzer Zeit in die Wanne zu steigen, habe ich davon ein Bild auf Instagram gepostet. Daraufhin bekam ich die Nachricht einer Bekannten, sie könne das nicht, mit dem baden. 

Das beruhigt mich, es scheint ein Thema zu sein. Ich bin nicht allein, das fühlt sich gut an. Das erste Mal seit langer Zeit Baden war übrigens nach der Massage bei Roman in Köln, der gab mir sein schönstes Salz mit und empfahl später am Abend noch zu baden, das sei wichtig,Gesundheit und so. 

Ich hatte also einen “Selfcare-Befehl”, das funktioniert. Aber auch hier blieb ich nicht lang. Und am Wochenende war ich zur Massage. Danach bin ich ins Spa-Bad gestiegen. Das ist natürlich was für Geübte. Es gab auch ein schreiendes Kind. Schön.

Baden üben – so wie Meditation

Ich nehme mir also ernsthaft vor, öfter zu baden. Wirklich. So wie ich die Meditation seit Jahren übe. Hoffentlich dauert es nicht ähnlich lang. 

Aber mal ehrlich, wer 20 Minuten morgens meditieren kann, der müsste doch 12 Minütchen Badezeit schaffen, oder? Ich drücke mir die Daumen und bin jetzt auf der Suche nach einem erfahrenen Bademeister. Bewerbungen gerne per Flaschenpost. 

Yours,

Simone

Bild @ Anna Lena Duschl

Kategorien Kolumne

Simone ist Mama eines kleinen Jungen, leidenschaftliche Yoga- und Meditationslehrerin, Podcast-Gastgeberin, freie Autorin und PR-Beraterin und ihre große Liebe ist das Schreiben. Sie ist verantwortlich für alle Inhalte und Texte bei PersonalityMag.

2 Kommentare zu “Bademeister gesucht. Mit Erfahrung, bitte.

  1. Oh du Liebe, das war ein sehr erheiternder Beitrag. Ich aß Currywurst und Pommes mit Mayo, statt Globuli heut Wick Medinight und ich steht lieber 30 Minuten unter der heißen Dusche (schlimmer als 5 min Baden und Wasser Tschüß), aber da passiert wenigsten was🥰

  2. Simone – so gut! Wieder mal ein mega Artikel…und übrigens … ich kann das auch nicht mit dem Baden 😅

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