In unserer Rubrik „Zack, erleuchtet“ laden wir jeden Monat eine Coachin ein. Dina Wittfoth ist Neurowissenschaftlerin und Emotionsforscherin. Sie erklärt uns, warum wir den Körper für seine natürliche Weisheit feiern sollten und warum Gefühle so wichtig sind.
Der Körper als Bühne der Gefühle
Vielleicht kennst Du das: Du stehst vor einer Entscheidung. Du hast nicht viele Informationen, aber aufgrund dieser Informationen sagt Dein Kopf ganz klar „ja“. Aber Dein Bauchgefühl sagt beharrlich und ebenso klar „nein‘. Du entscheidest Dich trotzdem für „ja“ – du bist ja ein vernünftiger Mensch, deine Entscheidungen sind rational und logisch begründbar. Du machst dich also ans Werk und es fühlt sich an wie Steine ziehen. Und die ganze Zeit denkst du dir: „Hätte ich bloß auf mein Bauchgefühl gehört.“
Aber woran liegt es, dass wir mit unseren rationalen, gut begründbaren Entscheidungen öfters mal ziemlich danebenliegen? Aus der Hirnforschung weiß man, dass Verletzungen in Gehirnnetzwerken, die für die emotionale Verarbeitung wichtig sind, zu Schwierigkeiten beim Erlernen sogenannter impliziter (also nicht bewusst erkannter und benennbarer) Regeln führen. Gemein ist diesen Fällen, dass ihnen der Zugang zu einer wichtigen Informationsquelle fehlt, die vor allem in unübersichtlichen Situationen unbedingt notwendig ist, um gute Entscheidungen treffen zu können: die Intuition.
Unsere Intuition, unser Bauchgefühl oder unsere innere Stimme erlaubt uns Zugang zu Information, die uns oftmals nicht oder nur ansatzweise bewusst zur Verfügung steht. Dazu zählen Erfahrungen, Annahmen, Werte oder Glaubenssätze, die wir nicht die ganze Zeit bewusst parat haben, die aber trotz allem unser Handeln beeinflussen. Kommuniziert werden diese unbewussten Informationen am deutlichsten über die körperlichen Anteile unserer Emotionen.
Gefühle bestehen aus verschiedenen Anteilen
Aus der Emotionsforschung ist schon lange bekannt, dass unsere Gefühle aus verschiedenen Anteilen oder Komponenten bestehen. Klar ist, dass Gefühle sowohl einen Anteil körperlicher Empfindungen beinhalten, als auch eine kognitive Bewertungskomponente. Diese Bewertungskomponente kann, muss aber nicht bewusst sein. Weiterhin gehört zu Gefühlen auch die sogenannte Handlungskomponente , die uns bestimmte Impulse mehr oder weniger automatisch nahelegt.
Beim Beispiel Angst kennst du vielleicht die körperliche Reaktion in Form von schwitzigen Händen und flachem Atem, die sogenannte Fight-Flight-Freeze Reaktion (kämpfen, flüchten, erstarren), und die Verengung deines Fokus, den sogenannten „Tunnelblick“, bei dem du nur noch ganz selektiv Informationen wahrnimmst und alles andere ausblendest.
Wenn wir im Einklang mit unseren unbewussten Informationsquellen handeln, dann fühlt sich das angenehm an; wenn wir gegen innere Werte, Regeln oder Glaubenssätze verstoßen, äußert sich das häufig über unangenehme Gefühle. Natürlich hat nicht jedes Körpersignal etwas mit deinen Gefühlen zu tun. Ein Schnitt im Finger tut weh, weil dein Körper verletzt ist, und nicht weil er dir Informationen aus der Tiefe deiner Psyche mitteilen will. Und nicht jedes Körpersignal müssen oder sollten wir ungefiltert als Entscheidungshilfe verwenden. Vor allem dann, wenn wir schwer traumatisiert sind, kann die körperliche Reaktion auf eine Situation überschießend sein, weil sie nicht aus der aktuellen Situation heraus entsteht, sondern mit einem Ereignis in der Vergangenheit zusammenhängt.
Auch wenn es also keine allgemein gültigen Antworten gibt, und die Wissenschaft die Henne-Ei-Frage danach, was denn nun zuerst kommt – Körperempfindung, Bewertung oder Handlungsimpuls – immer noch nicht abschließend beantworten kann, eines ist klar: Dein Körper ist die Bühne deiner Gefühle und deren hilfreiche Impulse stehen dir jeden Tag zur Verfügung.
Wenn Du also das nächste Mal „ein komisches Bauchgefühl“ hast, dann kannst du dir sicher sein, dass es auf sehr viel mehr Information beruht, als du bewusst jemals verarbeiten könntest. Ebenso darfst du darauf vertrauen, wenn sich etwas für dich passend oder stimmig anfühlt.
Und das ist doch ein ganz wunderbarer Anlass, deinen Körper für seine natürliche Weisheit zu feiern.
Über Dina
Dina Wittfoth ist Diplom-Psychologin, Neurowissenschaflerin, Emotionsforscherin und Mutter von zwei Kindern. Sie untersucht mittels funktioneller Bildgebung (also fMRT), was im Gehirn und auf körperlicher Ebene passiert, wenn man bewusst oder unbewusst versucht, seine Emotionen zu beeinflussen. Da sie aus vollem Herzen Diplom-Psychologin ist, arbeitet sie als Coach mit unterschiedlichen Methoden und unterstützt Menschen dabei, Emotionen als wertvolle Signale kennen- und verstehen zu lernen. Sie ist überzeugt davon, dass Emotionen immer eine Botschaft für mehr Selbstfürsorge und mehr Selbstliebe sind.
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