Anne Hehl begleitet als Coach und Heilpraktikerin für Psychotherapie Frauen auf dem Weg zur mentalen Gesundheit. Sie ist Host des Hamburger Women’s Hub und Yogalehrerin. Für „Zack, erleuchtet“ haben wir mit ihr über den Zusammenhang zwischen mentaler Gesundheit und sozialen Kontakten gesprochen.
Warum sind soziale Kontakte wichtig für unsere mentale und emotionale Gesundheit?
Anne Hehl: Wir Menschen sind soziale Wesen – die einen mehr, die anderen weniger, aber wir alle brauchen Verbindung zu anderen für ein langes und gesundes Leben. Langzeitstudien haben gezeigt, dass stabile und unterstützende soziale Kontakte zu den wichtigsten Faktoren gehören, die es braucht, damit wir gesund alt werden.
Der Grund dafür liegt unter anderem in unseren Genen. Schon für unsere Vorfahren vor tausenden von Jahren war Zugehörigkeit überlebenswichtig. Hattest du es dir mit deinem Tribe verscherzt und bist aus der Höhle geflogen, dann ging es dir an den Kragen: Säbelzahntiger & Co. lauerten quasi hungrig an der nächsten Ecke und alleine warst du ihnen ausgeliefert.
Schon evolutionsbiologisch gesehen verursacht Einsamkeit Stress. Und Stress greift unsere Gesundheit an – die physische und die psychische. Während der Corona-Pandemie haben wir das besonders deutlich gesehen. Als während des Lockdowns Treffen mit anderen Menschen nur sehr eingeschränkt möglich waren, hat die psychische Verfassung vieler Alleinlebender massiv gelitten.
Dass für uns die Connection mit anderen so wichtig ist, zeigt sich übrigens gerade auch in der Existenz der so viel gescholtenen und sicherlich im Hinblick auf mentale Gesundheit recht fragwürdigen sozialen Netze: Diese würden nicht so florieren, wenn uns die Verbindung zu anderen schnuppe wäre.
„Damit unsere Psyche gesund ist, brauchen wir allerdings nicht hunderte Freunde und Follower im virtuellen Raum, sondern wenige und dafür enge Freundschaften im echten Leben: this is where the magic happens.‚“
Warum brauchen Frauen andere Frauen?
Soziale Kontakte sind insbesondere dann besonders wertvoll, wenn wir auf viel Verständnis für unsere eigene Situation stoßen und uns gleichzeitig auch mit unserem Gegenüber identifizieren können.
In einer Welt, die immer noch vor allem auf Männer und ihre Bedürfnisse ausgerichtet ist, ist es darum besonders wichtig, dass wir uns als Frauen gegenseitig unterstützen und den Rücken stärken.
„Ich kenne das.“, „Genauso ging es mir auch.“, „Ich verstehe Dich.“
Das sind unglaublich wohltuende Sätze, weil sie uns das Gefühl geben, nicht alleine zu sein mit dem, was wir erleben. Gleichzeitig können wir aus diesem Verständnis füreinander die passende Unterstützung anbieten: Wir wissen genau, was gebraucht wird.
Auch hier lohnt sich ein Blick in die Entwicklungsgeschichte der Menschen. Unsere Vorfahrinnen wussten ganz genau, dass alles leichter geht, wenn wir uns gegenseitig helfen: Sie haben nicht nur Aufgaben, sondern auch ihr Wissen geteilt.
Konkurrenzkampf unter Frauen, die sogenannten „Stutenbissigkeit“, ist hauptsächlich ein Phänomen in patriarchal geprägten Räumen, wo Ellenbogenmentalität und das Recht des (bzw. der) Stärkeren gefeiert werden. Vor allem in meinen ersten Berufsjahren Anfang der 2000er habe ich das selbst erlebt. Das ging bis hin zu Mobbing.
„Zum Glück erleben Verbindungen unter Frauen mehr und mehr ein Revival und wir knüpfen, zum Bespiel in Frauennetzwerken, an das Miteinander unserer Vorfahrinnen an.„
Warum sind Frauennetzwerke besonders wertvoll?
In Netzwerken treffen wir auf Frauen, die alle mit demselben Ziel dort sind: voneinander lernen, einander unterstützen.
Ich war schon in so einigen Frauennetzwerken unterwegs. Insbesondere zu Anfang war ich sehr nervös und eingeschüchtert. Mir saß noch der alte Konkurrenzkampf, den ich so häufig vor allem im Job erlebt hatte, in den Knochen.
Was mir aber dann begegnete, war etwas ganz anderes: Wohlwollen, Wertschätzung, Gemeinschaftsgefühl, Inspiration, Hilfsangebote und ganz viel Herz.
Beim Women’s Hub, einer Frauen-Community, deren Netzwerkveranstaltungen ich in Hamburg gemeinsam mit einer anderen wundervollen Frau hoste, tun wir genau das: Wir begegnen uns auf Augenhöhe und auf Herzensebene, wir teilen miteinander unsere Geschichten und unsere Visionen. Und wir helfen uns dabei, diese Visionen in die Wirklichkeit zu bringen.
Wie gestalten wir aktiv unser soziales Netz und was gibt es dabei zu beachten?
Für alle Abonnentinnen hat Anne Hehl ein Coaching-Video zum Thema aufgenommen. Don’t miss.
Auch bei unserem sozialen Netz, wie in anderen Lebensbereichen auch, müssen wir uns immer wieder fragen: „Tut es mir so gut, wie es ist?“ Freundschaften und Bekanntschaften verändern sich und manchmal wird das, was ursprünglich ein Energiespender war, zum Energiefresser.
Oder aber es haben sich Menschen in unser Leben geschlichen bzw. wir haben sie hereingelassen, die uns von vornherein nicht gut taten.
„Es lohnt sich, immer mal wieder hinzuschauen, wen möchte ich eigentlich in meinem Inner Circle haben und wen nicht.„
Wenn uns, zum Beispiel in einem Frauennetzwerk,interessante Menschen begegnen, zu denen wir uns hingezogen fühlen, dann tun wir gut daran, dem nachzugehen und ins Gespräch zu kommen. Und wenn so ein Gespräch einen inneren Funken entfacht, dann dürfen wir gerne auch nach der Telefonnummer unserer Gesprächspartnerin fragen.
In meinem Inner Circle befinden sich so einige Freundinnen, von denen ich bei unserer ersten Begegnung in den Bann gezogen war und mir dachte: „Mit dieser tollen Frau wäre ich gerne befreundet.“ Was hätte ich bloß alles verpasst, wenn ich diesen Impuls ignoriert hätte …
In meiner Praxis lege ich meinen Klientinnen immer wieder ans Herz, sich ganz bewusst mit Menschen zu umgeben, die ihnen gut tun und bei denen sie sich wohl fühlen, deren Nähe Balsam für ihre Seele ist. Denn das ist eine der Hauptzutaten für eine gesunde Psyche.
Über Anne Hehl:
Anne Hehl ist Mental Health Expert. Als Coach und Heilpraktikerin für Psychotherapie begleitet sie in ihrer Praxis für Gesunde Individualität Frauen dabei, ihr Leben so zu gestalten, dass sie gesund und fröhlich, kraftvoll und ausgeglichen, zufrieden und erfüllt sind. Dies ist auch die Mission ihrer Yogaangebote: in wöchentlichen Yogaklassen, Workshops und auf Yogareisen schafft sie Räume, die einladen, zum Loslassen und Aufladen, zum „bei-sich-selbst-ankommen“.
Außerdem ist Anne Host der Hamburger Women’s Hub Days, einer Frauen-Community.
Portrait Anne @ Grit Siwonia
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