Drei Menschen in einer intimen Situation

Zu dritt im Bett: Wie ich mit Anfang 30 das erste Mal einen Dreier erlebte.

Zu dritt im Bett, wie fühlt sich das an? Schon mal darüber nachgedacht, gewünscht, aber nie ausgesprochen? Eine Redakteurin berichtet anonym von ihrem Erlebnis mit einem befreundeten Pärchen.

Wir sitzen nebeneinander, auf dieser einen Bank im Grünen, die ich so sehr liebe. Als Paul ein Stück näher auf der Bank an mich heranrückt, treffen sich unsere Arme, mit denen wir uns am hinteren Rand der Bank abstützen. Paul zieht den Arm ruckartig zurück.

„Du weißt, dass ich dich jetzt gerne küssen möchte?“
Ich erblicke seinen vollen Mund.
„Ich dich auch…“
Ein Kribbeln durchzieht meinen Magen, ich muss lachen, Paul macht mit.
„Ich kann meine Freundin ja mal fragen, ob es für sie in Ordnung wäre, wenn du mal dabei wärst?“

Ich verschlucke mich fast an dem Bier, das gerade den Weg in meinen Mund gefunden hat. Röte schießt mir ins Gesicht, meine Gedanken prallen pingpongartig am Schädel ab. Ich rücke mich zurecht.

„Du meinst“, ich breche ab.
„Ja, das meine ich.“ „Ich habe sowas noch nie gemacht.“
„Ich auch nicht“, entgegnet er schnell, „ein Grund, es mal auszuprobieren, oder?“
„Ja.“
Ich schaue einem vorbeifahrenden Radfahrer hinterher.

Wie kann ich mich einer unbekannten jüngeren Frau hingeben, loslassen und meinen Körper genießen?   

Ich würde mich nicht unbedingt als prüde bezeichnen, eigentlich spreche ich gerne über Sex, probiere viel aus, jedoch bleibt immer ein wenig Scham übrig. Scham über meinen Körper, meine Falten, die mit Anfang 30 tiefer werden, meine kleinen Brüste und meine größer werdenden Speckröllchen am Bauch.

Immer bleibt ein Stück Decke zwischen mir und meinem Körper, der sich im Laufe der Jahre verändert hat. Wie kann ich mich einer unbekannten jüngeren Frau hingeben, loslassen und meinen Körper genießen?   

„Es wird schön!“ Ich wiederhole diesen Satz wie ein Mantra, während ich am Bahnsteig stehe und der einfahrende Zug nicht nur meine Haare, sondern auch meine Gedanken durcheinanderwirbelt.

Den ganzen Tag über habe ich auf diesen Fragen herum gekaut: „Was ziehe ich an?, Wie sieht sie wohl aus?, Was ist, wenn ich SIE nicht mag?, Was ist, wenn sie MICH nicht mag?, Was mache ich, wenn ich doch nicht mehr will?“ Mein Kopf raucht, mein Bauch schreit vor Aufregung. 

„Ich kann immer noch nein sagen.“

Der Zug hat fünfzehn Minuten Verspätung und Paul steht, wie immer, am Parkplatz des Bahnhofs. Die Begrüßung ist einstudiert, die Umarmung auch, nur das Bevorstehende ist neu und wird mit keiner Silbe erwähnt. Erleichterung macht sich breit, denn ich kann immer noch nein sagen. 

Als wir an der Wohnung von Paul und Freya ankommen, kann ich meine Nervosität kaum bändigen. Als Freya jedoch mit offener Herzlichkeit an der Tür steht und mich direkt in ihre langen Arme schließt, bin ich erleichtert. Sie ist wunderschön. Mein Kopf wird an Freyas Oberkörper gedrückt, einen kurzen Moment streife ich ihre großen Brüste, mein Herz hört den Bruchteil einer Sekunde auf zu schlagen. 

Der Abend ist noch so sommerlich, dass wir es uns auf dem Balkon gemütlich machen. Freya raucht einen Joint, Paul und ich ziehen Rum vor. Wir liegen nebeneinander, ein Teil ihres Körpers ist mit einer flauschigen Decke geschützt. Wir kennen uns kaum und doch sind wir uns jetzt schon sehr nah.

„Paul hat mir alles über dich erzählt.“
„Hoffentlich nur Gutes“, lache ich.
Wir kuscheln uns näher aneinander.
„Ich liebe diese Abende zwischen Sommer und Herbst, diese widersprüchliche Zeit, als ob die Welt nicht weiß, was sie sein will. So wie wir.“

Freya schaut dabei in den Himmel, ein paar Sterne sind zu sehen. Paul drückt sanft ihre Hand unter der Decke. Die Kälte wird immer unangenehmer und steigt in unsere Körper, wortlos ziehen wir auf das Sofa im Wohnzimmer um.

„Ich gehe mal eben eine Rauchen.“ Dann nickt Freya mir zu und verlässt den Raum.“

Das kleine OK, das ich nicht mitbekommen habe. 

Paul kommt wortlos auf mich zu und versucht mich zu küssen. Instinktiv rücke ich ein Stück nach hinten: „Aber was ist mit Freya?“
„Sie hat mir gerade das OK gegeben.“
Ein kleines OK, das ich nicht mitbekommen habe.

In diesem Moment schaut Freya uns durch das Fenster an und lächelt. Ich rücke näher an Paul heran, schließe meine Augen und warte. Pauls Lippen berühren meine, ich kann ihn riechen und schmecken. Die Art und Weise, wie er mich küsst, sind sehr vertraut. Ich erinnere mich und fühle mich wohl. 

Die Berührung einer Frau ist viel gefühlvoller, viel durchlässiger 

„Ich habe noch nie eine Frau geküsst“, flüstere ich Freya zu, als auch sie endlich bei uns ist.
Mein Herz schlägt bis zum Hals.
„Ich auch nicht“, Freya schmunzelt.
„Aber ich habe Lust, es auszuprobieren.“
Mit meinem Einverständnis küsst Freya mich.

Zuerst ist es nur ein leichter Schmatzer auf den Mund, doch dann wird der Kuss immer intensiver. „Ist es anders mit einer Frau?“, – fragt sie plötzlich. „Es ist weich, viel gefühlvoller, irgendwie durchlässiger“, antworte ich. Meine Hand wandert zu Freyas Brust, die viel größer als meine eigene ist. Ich packe energisch zu und muss lachen.

Forschend fassen wir uns beide an. „Irgendwie schön, so anders“ – , denke ich, „ich mag es.“ Paul steht inzwischen in der Tür, er ist nackt. Als ich aufstehe, bemerke ich, dass ich feucht bin.  

Ich sehe den beiden in ihrem Einssein zu, ich schwebe über ihnen, über dem Bett, als Teil von ihnen

Freya geht direkt hinter Paul her. Im Gehen streift sie ihre Klamotten ab und lässt sie auf dem Weg liegen. Ich bin unsicher. Jetzt ist der Moment gekommen, vor dem ich am meisten Angst hatte. Ich bleibe noch einen Moment auf dem Sofa sitzen, so als müsste ich mich ein letztes Mal davon überzeugen, dass dieser Moment gerade wirklich passiert, dann gehe ich hinterher.

Als ich ihr Schlafzimmer betrete, finde ich die beiden bereits knutschend auf dem Bett. Beide nackt, beide ineinander verschlungen. Sie stöhnen, versenkt in ihren Körpern. Ich bleibe in der Tür stehen und fühle eine Wärme in mir aufsteigen.

Es ist eine Mischung aus sexueller Erregung und dem Gefühl von echter Liebe. Ich schaue gerade einem Paar zu, das sich wirklich und wahrhaftig liebt. Es ist die Art und Weise, wie sie sich berühren. Eine Hingabe, die ich nicht erwartet, ein Gefühl, das ich nicht vermutet hätte.

Glück und Dankbarkeit durchströmen meinen Körper. Ich sehe den beiden in ihrem Einssein zu, ich schwebe über ihnen, über dem Bett, als Teil von ihnen. „Komm her“, Freya und Paul rufen mich zu sich, doch ich lächele nur. Sie verstehen und geben sich hin. Einander und auch mir. 

Ein Höhepunkt, der so ganz anders ist, als ich ihn erwartet hätte

Als Paul und Freya schließlich zur Ruhe kommen, lege ich mich zu ihnen ins Bett, ineinander gekuschelt, ich in der Mitte liegend. Alle Ängste sind verflogen, ein Gefühl tiefer Dankbarkeit überkommt mich. Ein Höhepunkt, der so ganz anders ist, als ich ihn erwartet hätte – so viel schöner. 

Titelbild @ Cottonbro Studio via pexels

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