Verantwortung übernehmen, sich selbst helfen und organisieren, selbstbestimmt leben und arbeiten, den Fokus auf die Stärken richten – all das ist Empowerment. Der Begriff taucht aktuell vermehrt auf, gerne auch als „female Empowerment“, und auch wir nutzen ihn für die Beschreibung unseres Magazins. Was wollen wir damit sagen und was bedeutet er für die Yogawelt und spirituelle Szene? Wer sind wir, wenn wir Empowerment leben?
Der Begriff Empowerment stammt aus dem Englischen, ist ein Anglizismus und bedeutet übersetzt so viel wie Selbstbefähigung, Ermächtigung, Bevollmächtigung. Ich muss dabei an Kant und sein berühmtes Zitat „Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ denken. Bevollmächtige dich selbst, werde aktiv, steh für dich selbst ein.
Das Konzept des Empowerment wurde zum erstem Mal von Barbara Salomon 1976 in den USA beschrieben. Der Begriff wurde durch die Bürgerrechtsbewegung der USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in einem breiteren politischen Diskurs gebräuchlich. Er meint hier vor allem einen Ansatz, der es Menschen und Gemeinschaften ermöglicht, ihre ihnen zustehenden Rechte wahrzunehmen und an der Gesellschaft teilzuhaben. Damit wird er in der aktuellen Rassismus Debatte aktueller denn je und zeigt, wie sehr wir Empowerment brauchen. In einer Gesellschaft, die sich immer noch schwer tut mit dem Begriff Rassismus und die gerade erst anfängt aus dem von Tupoka Ogette geprägten „Happyland“ auszuziehen und lernt antirassistisch zu leben, zu denken und zu handeln.
Empowerment: Ich erlaube mir, glücklich zu sein!
Nach dieser Definition frage ich mich natürlich ,welche Rechte oder Chancen uns, mir, als weißer privilegierte Frau verwehrt wurden und wofür ich Empowerment brauche. Ganz ehrlich, wahrscheinlich keine. Dennoch und darum geht es in diesem Artikel: Ich brauchte Empowerment als ich mit 30 Jahren schnurstracks in eine Krise schlitterte. Oder besser gesagt, für die Zeit danach. Ich musste mich selbst bevollmächtigen, dass ich es wert bin, bestimmte Dinge zu tun, zu sagen und auf meine Weise zu leben. Ich habe durch den Prozess des Empowerment gelernt, dass ich es mir erlauben darf, glücklich zu sein und wie wichtig es ist, nicht im Prozess der Befreiung stecken zu bleiben.
Lalah Delia, spirituelle Autorin und meine persönliche Empowerment-Queen, schreibt dazu, und sie hat mein Verständnis des Begriffs maßgeblich geprägt:
„Living from a place of power is what vibrating higher daily is all about.“
Lalah Delia
Wenn wir uns selbst die Kraft zugestehen, die uns allen innewohnt, dann agieren wir verbundener und authentischer. Dann fällt es uns leichter, jeden Tag auf einer hohen Frequenz zu schwingen. Wir spüren diese Kraft in uns, bis in die letzte Pore und wir wissen, wie wir sie aktivieren. Und damit meine ich nicht die Kraft, täglich zehn Stunden am Schreibtisch zu sitzen.
Blicke auf die Stärken und lass die Defizite links liegen
Für mich bedeutete Empowerment, nach der Krise herauszufinden, was ich wirklich kann, was mich erfüllt und wie ich leben möchte. Eine Art Selbstkompetenz. Ich fand heraus, dass mich ein reiner Agenturalltag mit 45 Stunden pro Woche Schreibtischarbeit nicht erfüllt. Dabei hatte ich mir diesen Weg selbst ausgesucht, aber unterwegs habe ich mich nie gefragt, ob es das ist, was ich wirklich möchte. Verrückt, oder? Und dann gibt es zwei essentiell wichtige Dinge für mich, wenn es um Empowerment geht: Begabung und Angst.
Selbstbefähigung meint auch, dass ich mir meiner eigenen Begabungen bewusst werde. Den Fokus auf die positiven Dinge und die Stärken, statt auf Defizite richte. Und ja, jeder von uns hat ein Geschenk im Inneren, dass nur nach draußen gelassen will – daran glaube ich und daran halte ich fest. Dass muss niemand von außen als eine Begabung erklären – es geht vielmehr um dein Dharma, deine Bestimmung in dieser Welt und die ist immer ein Geschenk.
Was das Ganze mit Angst zu tun hat? Angst ist ja irgendwie so eine gemütliche Komfortzone, in der wir alle mal hängen bleiben. Wenn ich Angst habe, denke ich Sachen wie: „Ich kann das nicht.“, „Das liest eh keiner.“ und der Klassiker: „Es gibt andere, die können das viel besser als ich.“ Und weil das so ist, verharren wir in der Situation, aus der wir eigentlich raus wollen. Dabei geht es darum, genau diese Angst immer wieder zu besiegen, jeden einzelnen Tag. (So tue ich gerade beruflich etwas, dass es mir verdammt schwer macht, davon zu leben. Ich schaue dieser Angst täglich ins Gesicht, aber ich lasse mich nicht klein machen.)
Kämpfe für dich selbst und für andere
So wie die Entwicklung unser Persönlichkeit ein lebenslanger Prozess ist, so ist auch der Weg des eigenen Empowerments ein Prozess. Das Wichtigste: Den Weg weitergehen, sich nicht wegducken, kämpfen, den Mund aufmachen. Und wenn wir mal in diese Kleinmädchen-Jammerrolle verfallen, dann dürfen wir kurz jammern. Danach stehen wir wieder auf, für uns selbst ein und gestalten mit. Mach dir bewusst, dass du es bist, die die Dinge in der Hand hält. Empowerment bedeutet, dass du dir die Autorität über dein Leben zurückholst. Du bestimmst, du wählst aus und trägst für all das die Konsequenzen. Mir hat es unwahrscheinlich geholfen Dinge und Menschen gehen zu lassen, die nicht zu mir gepasst haben.
Wenn du also als Yogalehrer diesen Begriff benutzt, dann bedeutet es, dass du die Schüler in deinen Stunden nach oben hebst. Über die Praxis, den Atem und die Reflexion. Lass sie spüren, dass sie besonders sind, dass sie wertvoll sind. Lass sie den Rest des Tages vergessen, lass sie sanft im inneren Kern ihres Körpers landen und sich dort selbst entdecken. Erzähle ihnen von der Stärke, die in ihnen wohnt und hol dir dadurch auch deine eigene Stärke ein Stück weit zurück. Für mich schwingt bei Empowerment eine Aktivität mit, die sich nicht nur auf mich selbst, sondern auch auf andere bezieht. Eine Bewegung, die wir an andere weitergeben.
Um es zum Abschluss mit Lalah Delia’s Worten zu sagen:
Lets empower oursleves – mind, body, heart and soul – and rise higer – emotionally, vibrationally, spiritually, culturally and soically!”
Lala Deliah
Titelbild © Caique Silva
Buchtipp:
“Vibrate Higher Daily” von Lalah Delia
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