Der Vagusnerv. Einer, der ganz schön stressen kann!

Habt ihr schon mal vom Vagusnerv gehört? Wenn nicht, dann aufgepasst, denn dieser Nerv wandert zwischen allen Organen im Körper hin und her, schießt Informationen durch unser System und hat eine Auswirkung auf unseren emotionalen Zustand. Körpertherapeuten kommen immer mehr zu der Erkenntnis, dass viele Leiden eines gemeinsam haben: den Vagusnerv. Ist der zentrale Nerv gestört, verbleiben wir im Stressmodus. Warum der Nerv so wichtig ist und wie wir die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren können, erfährst du im Artikel.

„Wem es gelingt an jedem Tag seines Lebens die richtige Balance zwischen Spannung und Entspannung herzustellen, der braucht nie wieder einen Tag Urlaub.“

Der Vagusnerv hat von allen zwölf Hirnnerven mit Abstand die größte Reichweite, denn er ist mit allen Organen im Körper verbunden. Kurze Erinnerung: Die Hauptfunktion von Nerven ist es, sensorische oder motorische Information zu übertragen. Der Vagusnerv ist ein Master – er kann beides und jagt Meldungen zwischen Organen und Gehirn hin und her. Noch dazu wirkt er auf unseren emotionalen Zustand und damit auf unser Verhalten. Das Nervensystem hat die wichtige Aufgabe, uns im Stressmodus zu mobilisieren und uns im Ruhemodus runter zu bringen. Ist der Nerv, als Teil des Nervensystems, in seiner Funktion gestört, hat das massive Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Wir können uns dann nicht mehr regenerieren, der Körper kann sich nicht selbst heilen und wir werden körperlich oder psychisch krank. 

Erkenntnis: Unser Nervensystem ist nicht für die Neuzeit gemacht

Unser Nervensystem besteht aus verschiedenen Schaltkreisen. Einer davon ist der Parasympathikus, er ist dann aktiv, wenn wir uns sicher und entspannt fühlen. Er reguliert unter anderem die Herzfrequenz, den Stoffwechsel und entspannt unsere Muskulatur. Sein Gegenspieler, der Sympathikus bringt uns in den bekannten „Fight-or-Flight-Modus“. Der Vagusnerv erfüllt unterschiedliche Funktionen im Körper: Ein Teil, genauer gesagt, der vordere Vagus-Ast, läuft bauchseitig und arbeitet eng mit dem Parasympathikus  zusammen. Der hintere Teil des Vagus-Asts steuert den Shutdown, die älteste Überlebensstrategie, die wir haben.

Vielleicht kennst du dieses Gefühl, wenn du schon mal unter Schock gestanden hast.
Deine Hände und Füße fühlen sich taub an, das Blut wird aus dem Kopf gezogen und du wirst im schlimmsten Fall sogar ohnmächtig. Diese Reaktion ist nützlicher als wir denken, denn sie spart Energieressourcen. Zudem gibt es einen Shutdown, den wir selbst herbeiführen können und in dem wir uns ohne Angst in die Ruhe begeben, zum Beispiel bei der Meditation.

Ob wir also vor etwas Angst haben, hängt entscheidend von Erfahrung und Kontext ab. Hier kommt die Neurozeption ins Spiel: Die Wahrnehmungsfähigkeit des Nervensystems entscheidet, in welchem Zustand wir uns befinden. Sie gibt permanent Updates an das Gehirn weiter, ob uns jemand etwas Böses will oder nicht. Das Problem: Die Neurozeption ist in der heutigen Welt vollkommen überfordert. Der Säbelzahntiger oder der hungrige Löwe sind leicht einzuordnen, aber was ist mit der Pitchdeadline im Job, die uns den Schweiß auf die Stirn treibt? So kann es passieren, dass wir in Gesprächen durch Reize immer wieder getriggert werden. Und wenn sich das wiederholt und wir aus diesem Zustand nicht mehr herauskommen, haben wir es mit einem daueraktiven hinteren Vagus-Ast zu tun. 

Körperliche Leiden und ein gestörter Vagusnerv

Bei vielen Beschwerden kann es hilfreich sein, die Vagusnerv-Funktion zu überprüfen statt Tabletten zu schlucken oder auf die üblichen Behandlungsmethoden zurückzugreifen. So stellte der Körpertherapeut Stanley Rosenberg fest, dass viele seiner Patienten einen aktiven hinteren Vagusnerv und einen inaktiven vorderen Vagusnerv gemeinsam hatten. Der vordere Vagus-Ast kann stimuliert werden und wirkt dabei zugleich als Bremse für den überaktiven hinteren Teil. Gesundheit und Entspannung aber auch Glück und Lebensenergie sind mit einem voll funktionsfähigen vorderen Vagus-Ast möglich. Denn eines ist klar: Ohne diesen Ast gibt es kein Gefühl von Ruhe und Erholung, wir bleiben im Gefahrenzustand stecken. Wenn du dauerhaft gestresst bist und sich immer wieder Zipperlein oder Verdauungsprobleme melden, kannst du versuchen deinen Vagus-Ast mit einfachen Übungen zu stimulieren.

Übung zur Aktivierung des Vagusnerv:

Lege dich ausgestreckt auf den Boden und verschränke die Finger hinter deinem Kopf. Lege die Ellenbogen entspannt ab und  spüre die Finger am Hinterkopf. Blicke nach rechts ohne den Kopf mitzudrehen. Schaue dabei so weit zur Seite, wie es problemlos möglich ist. Halte so lange, bis du anfangen musst zu gähnen oder zu seufzen. Meist passiert das nach ca. 30-60 Sekunden. Führe danach den Blick zur Mitte und wiederhole alles auf der linken Seite.
Bleibe danach einen Moment liegen und spüre, was sich verändert hat.

Auch Massagen, kalte Duschen, Yoga, Akupunktur am Ohr und Atemübungen helfen dir den Vagusnerv zu stimulieren.

Buchtipps:

  • Der Selbstheilungsnerv: So bringt der Vagus-Nerv Psyche und Körper ins Gleichgewicht – Mit 8 einfachen Übungen von Stanley Rosenberg und Rotraud Oechsler
  • Stimulieren Sie Ihren Vagus Nerv von Green Indie Publishing und Dr. Alessio Rammer 

Titelbild © Ahmed Carter via Unsplash

0 Kommentare zu “Der Vagusnerv. Einer, der ganz schön stressen kann!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert