Floating für den inneren Frieden – nichts hören, nichts sehen.

Dass wir uns in der modernen Gesellschaft selbst ein Ei gelegt haben, ist kein Geheimnis mehr. Unser Nervensystem ist nahezu ständiger Stimulation ausgesetzt und nur selten haben Gehirn und Körper die Möglichkeit sich zu entspannen. Immer mehr Menschen wollen einfach mal so richtig los lassen, den Körper und den Geist entspannen. Beim Floating treibt der Körper schwerelos im Salzwasser und auf wundersame Weise schaltet man einmal alles ab und fühlt sich danach ein bisschen wie neugeboren.

Als ich das erste Mal beim Floating war, stellte sich zuerst ein Angstgefühl ein, weil ich nicht wusste, was mit mir passieren würde und weil alles, um mich herum stockduster war. Ich entschied mich statt einem geschlossenen Tank für ein Becken, wo ich umhertrieb. Zu Beginn hatte ich Bedenken einzuschlafen und unterzugehen (was gar nicht möglich ist) oder irgendwo mit dem Kopf anzustoßen. Nach der geglückten Session im Wasserbecken machte sich jedoch eine wunderbare Entspannung im Körper und auch im Geist breit. Ich war wie neu aufgeladen, als hätte jemand mal kurz die Reset-Taste gedrückt.

Was hat es mit Floating auf sich und was kann Floating in Sachen Heilung?

Floating oder „Floaten“ bedeutet, an der Oberfläche einer gesättigten Lösung aus Wasser und Salz zu treiben. Durch die hohe Konzentration des Salzes im Wasser erfährt der Körper so viel Auftrieb, dass er ganz frei, ohne dass man etwas tun müsste, auf dem Wasser gleitet. Dieser Zustand der Schwerelosigkeit bringt eine Entspannung aller Muskelgruppen mit sich.

Das Besondere am Floating ist der mit Salzwasser gefüllte Tank, Behälter oder Raum (das variiert tatsächlich je nach Anbieter). Dort gleitet der Körper in einer Sole, deren Temperatur der Außentemperatur der Haut (ca. 34,8 bis 35,2°) entspricht. Innerhalb des Tanks ist es ganz dunkel und still. Nervensystem und Gehirn können komplett entspannen und werden nicht durch externe Sinnesreize angeregt, denen wir im Alltag so vielfältig ausgesetzt sind. Diese Sinnesreizreduktion ermöglicht neben der physiologischen Entspannung auch eine innere, mentale Ruhe.

Der Körper kommt in eine spannungsfreie und natürliche Haltung und gleitet dadurch in die Tiefenentspannung. Muskeln, Skelett, Gefäße und Organe sind von der Einwirkung der Schwerkraft befreit. Der Körper muss außerdem keinerlei Energie aufwenden, da die Wassertemperatur der Temperatur der Haut entspricht und nicht als warm oder kalt empfunden wird.

Geschichte des Floating

Der erste Floating -Tank wurde Mitte der 50er Jahre durch den Gehirnforscher John C. Lilly für das National Institute for Mental Health entwickelt. Zu dieser Zeit ging man davon aus, dass das Gehirn bei einem Entzug aller Reize seine Aktivität verringern und ja, sogar Gehirnzellen verlieren könnte. Lilly war anderer Auffassung und wies nach, dass durch den Reizentzug verschiedene Regionen angeregt werden und die Kreativität gesteigert wird. Lilly, der als Delphinforscher auf Mauii lebte, gründete ein eigenes Institut, forschte und machte den Tank und seine Wirkung weltweit bekannt.

Die gesundheitlichen Vorteile

Wenn wir einen Blick auf die Vorteile des Floatings werfen, könnte man meinen, dass wir von jetzt an jeden Tag eine Session brauchen. Das Schweben auf der Wasseroberfläche entlastet zum einen Wirbelsäule, Muskulatur und Gelenke und löst Verspannungen. Damit eignet es sich bei Bandscheibenvorfällen, Ischias, Hexenschuss, Zerrungen und Verstauchungen.

In Studien konnte nachgewiesen werden, dass Floating auch zum Rückgang chronischer Schmerzsymptome beiträgt und Heilungsprozesse unterstützt. Vor allem aber führt es zu einer Reduzierung von stressbezogenen Biochemikalien wie Kortisol, ACTH, Laktat und Adrenalin und das auch nach der Floating-Session. Das Salzwasser hat positive, lindernde Wirkung auf die Haut, hilft bei Rheuma und reduziert Stress. Bei allen Vorteilen sei gesagt, dass man keine Angst in geschlossen Räumen haben sollte.

Ein paar Fragen hatten wir dann doch noch und haben mit Benjamin Tochtermann, Vorsitzender des Vereins Deutscher Floating Verband e.V, gesprochen:

Meditation verändert nachgewiesen unseren Bewusstseinszustand. Mit Floating geht das in ein paar Sitzungen. Sollen wir jetzt alle lieber floaten statt an unserer Meditationspraxis zu arbeiten?

Benjamin: Mit der Floating-Anwendung hat man einen sehr effektiven Einstieg in eine Meditationspraxis, denn man kann wesentlich schneller auf eine Ebene kommen, auf der die zwanghafte mentale Tätigkeit sich einfach von selbst beruhigt und einstellt. Bei der Meditation gibt es ein interessantes Paradox: man meditiert und das klingt zunächst als würde man etwas tun. Man tut aber nichts, sondern lässt los. Dieses Loslassen und diese Möglichkeit der Selbstbeobachtung wird sehr stark durch zwei Effekte erleichtert, die beim Floating erzielt werden: der Effekt der Tiefenentspannung und dem Effekt der Sinnesreizreduktion. Die Entspannung entsteht durch das Schweben auf der Wasseroberfläche, bei der der Körper sich in einer völlig spannungsfreien Haltung ohne Druckpunkte oder Verdrehungen befindet. Unter Reizreduktion versteht man, dass das Gehirn und das Nervensystem frei von jeder äußeren Stimulanz ist. Es gibt keine visuellen, auditiven und auch keine taktilen Reize mehr und somit werden auch keine neuen Gedankenmuster von außen angeregt.

Was sollte man beachten, wenn man das erste Mal zum „floaten“ geht? Gibt es so etwas wie eine „Einstimmung“ bevor es los geht?

Bei gut geführten Studios bekommt man eine Einweisung, die sich hauptsächlich auf ein paar praktische Punkte bezieht: Man sollte das Salzwasser nicht in die Augen bekommen, da der hohe Salzgehalt die Augen reizt. Es ist wichtig darauf zu achten, den Nacken bewusst zu entspannen. Denn wenn man den Kopf nicht loslässt, sodass er auf dem Wasser schwebt, wird man auch nicht so einfach in den Zustand der Tiefenentspannung kommen. Grundsätzlich sollte man auf jede Art von Stimulanzien, also Alkohol und Drogen, aber auch Kaffee verzichten, denn sonst kann die Erfahrung dadurch verzerrt werden. 

Was ist das Besondere am Magnesiumsulfat?

Das Salz, das wir in den Meeren der Welt finden ist Natriumchlorid und dieses ist in höheren Konzentrationen hautreizend. Das heißt, wenn man beispielsweise im Toten Meer badet oder „floatet“ muss man nach zehn bis 20 Minuten das Wasser wieder verlassen, weil es sonst zu Hautrötungen und Juckreiz kommen kann. Magnesiumsulfat ist ein wesentlich milderes, hautfreundlicheres Salz, das es ermöglicht sehr lange im Wasser zu bleiben. Selbst wenn man die Floating-Session bis zu drei oder vier Stunden ausdehnen will, bleibt die Haut geschmeidig.

Warum ist Floating besonders gut für Schwangere?

In der Schwangerschaft kommt es durch das zusätzliche Körpergewicht oft zu Verspannungen und Rückenleiden, die durch das Schweben gemildert oder gar aufgehoben werden können. Auch wird immer wieder von einer gefühlten Kontaktaufnahme mit dem Kind berichtet, das ja auch im Mutterleib auf eine Weise „floatet“. In dem Roman „Die Melonenschmugglerin“ berichtet eine Mutter von einem Erlebnis, bei dem das Baby bis kurz vor der Geburt falsch positioniert war und sich dann beim Floaten gedreht hat, sodass eine natürliche Geburt möglich wurde.

Wie immer geht auch hier probieren über studieren! Darum schaut einfach mal in eurer Stadt nach einem Floating-Studio.

Buchtipps:

Dahlke, Rüdiger (2000): „Die Leichtigkeit des Schwebens“.
Hendel, Barbara & Ferreira, Peter (2001): „Wasser und Salz“.

Titelbild © Lua Valentia via Unsplash

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