Wer keinen Bock auf Haare hat, geht zum Waxing. Das braucht ein bisschen Mut, wenn es um Bikinizone und mehr geht. Man schwitzt, betet zum lieben Gott, dass alles an Ort und Stelle bleibt und ist am Ende glatt wie eine Schlittschuhbahn.
Am Waxing scheiden sich ein bisschen die Geister. Für manche ganz selbstverständlich, für andere absolut unvorstellbar und wieder andere fragen, warum bloß? Warum der Schmerz und die Qual für ein paar Haare? Warum sich nackt machen, vor jemandem, den man nicht kennt? Warum nicht einfach alle Haare – ganz egal wo – wachsen lassen? Und warum gibt es im Waxing-Studio wie beim Frisör auch noch verschiedene Cuts? Und gibt’s beim Brazilian einen Caipirinha dazu?
Brazilian – nur ohne Zuckerhut
Aber fangen wir mal vorne an. Als ich noch in Hamburg lebte, keine feste Beziehung hatte, sondern die ein oder andere Liaison, da ging ich regelmäßig zum Waxing in ein kleines feines Studio. Es hat tatsächlich in Hamburg angefangen und ich glaube es war eine Freundin, die mich hingeschickt hat. Alle 4 Wochen ging ich also in ein Waxingstudio, machte mich nackig und ließ mir professionell die Bikinizone wachsen. „Brazilian“ heißt das in Fachsprache und ich habe immer versucht mir während der Schmerzen vorzustellen, ich würde irgendwo am Zuckerhut in der Sonne liegen und entspannen. Hat immer so semi gut funktioniert. Ich war eher verkrampft und kurz davor die Bude zusammen zu schreien oder die Depiladora – ja, so heißen Waxpertinnen – in den Arm zu kneifen.
Beim Waxing wartet man erst ein bisschen, dann geht’s in die Kabine und dann wie Gott einen schuf, also unten rum frei, rauf auf die Liege. Dann wird sehr sehr warmer Wachs aufgetragen. In dem Moment fragt man sich, ob man eigentlich noch alle Tassen im Schrank hat. Dann macht es erst ritsch und ordentlich ratsch. Denn es wird heißes Wachs im Intimbereich aufgetragen, das mit einem Streifen, zack, wieder abgerissen wird. Wer die Schamlippen mitmacht, betet zum lieben Gott, er möge dafür sorgen, dass alles an Ort und Stelle bleibt.
Waxing – was würde da der Guru sagen?
Ich hatte immer sehr feuchte Hände, weil ich die so zusammengedrückt habe. Dabei habe ich die ein oder andere Yoga-Atmung angewendet und mich immer gefragt, was würde der Guru im Himalaya jetzt denken, wenn er wüsste in welchen Situationen ich die Atemtipps anwende? Der würde für mich beten. Wenn man es dann irgendwann schweißgebadet überstanden hat, bekommt man keinen Caipi gereicht, sondern beim Intimwaxing die freundliche Frage: Mit Pofalte? Da dreht man sich dann rum und streckt der Waxing-Meisterin den Allerwertesten entgegen. Aber das ist nur beim Brazilian Waxing der Fall. Natürlich kann man auch einfach nur die Bikinizone wachsen lassen oder auch einen Streifen stehen lassen. Fast wie beim Frisör. Wer es eckig mag, lässt ein kleines Dreieck stehen.
Zurück zum Thema, ich schwitzte und ich hatte auch öfter Angst. Eine Freundin fragt mich mal entrüstet, ob das mit dem Waxing nicht etwas „schweinisch“ sei? Aber ist es nicht eher hygienisch, weil einfach das Haarzeugs weg ist? Es ist ein bisschen wie zur Maniküre, denn man muss sich danach einfach nicht mehr selbst kümmern. Man hat seine Ruhe, das Thema ist erledigt. Kein Checken oder rum rasieren, bevor man ins Schwimmbad geht. Der größte Vorteil aber ist, es bleibt weich, geschmeidig und es gibt keine Stoppelhaare. Und es ist doch gut, dass solche Themen durch neue Unternehmen der breiten Masse angeboten werden und den Schmuddelcharakter verlieren.
Selbstüberwindung – wer macht sich schon gern vor anderen nackig?
Und für mich hatte es immer was von Selbstüberwindung und da stehe ich ein bisschen drauf, denn mal ehrlich: Ich mache mich nicht gerne vor fremden Menschen nackt, geschweige denn zeige ich jedem meinen Intimbereich. Wo kämen wir denn da hin? Ich bin nicht verklemmt, aber ich bin auch nicht Madonna und offen wie ein Gebetsbuch. Aber es war so eine Art von Selbstpflege, die immer gut getan hat. Trotz Schmerzen. Seit ich Mama bin, war ich übrigens nicht mehr dort, man vergisst sich ja doch ein bisschen selbst. Und nach der Geburt hätte ich jeden erschlagen, der mir auch nur eine Spur von Schmerz unterhalb dem Bauchnabel zugefügt hätte.
Ich habe mich oft gefragt, wie das wohl für die Depiladoras ist, wenn immer neue Menschen sich vor einem nackt machen. Fängt man an Körper zu bewerten? Gibt es da nicht viele Dinge, die man einfach nicht sehen will? Oder lernt man erst so richtig wie schön und verschieden alle Körper sind? Im Alltag schauen wir ja, dass bloß niemand etwas von uns sieht, also von Brüsten und Intimzone, und halten uns bedeckt. A propos bedeckt – ich bin auch in Dubai zum Waxing gegangen. Da war das ganze immer in einer der hintersten Kabinen, ganz am Ende des Ladens. Ich hatte immer das Gefühl, ich gehe mit den Damen in eines der Hinterzimmer um 1 Kilo Koks zu kaufen, dabei wurden mir nur die Haare entfernt.
Fest steht …
Waxing ist nichts für Weicheier. Und wie bei allem im Leben wird es besser, wenn man es regelmäßig macht. Dadurch werden die Haare weicher und es schmerzt weniger. Das ist nicht der Fall, wenn man zwischen den Behandlungen rasiert. Man muss also ein bisschen durchhalten und bekommt dafür weiche Haut, weniger Arbeit und man hat irgendwie das Gefühl – wieder was geschafft, wieder was überwunden und man fühlt sich nackt, wild und frei. Und das wünsche ich mir für alle Frauen!
Titelbild @ Thomas Verbruggen via Unsplash
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