Simone Lopez-Sanchez in ihrer Kolumne über Freundschaft

KOLUMNE #embracethechaos – Lieber Chaos, als keine Freunde

Muttergefühle, eine neue Taxi-Freundschaft und lebenswichtige Momente – das alles gabs an einem Wochenende in München. Was ich daraus gelernt habe: das Leben mit unseren Freunden muss gelebt werden– so oft und so doll wie möglich.

Letzte Woche stand München auf dem Programm. Endlich! Der Grund meiner Reise: Sabines Geburtstag auf dem Oktoberfestzelt, das Magazin und ein Fotoshooting. Und das alles, allein. Ich buchstabiere kurz: A-L-L-E-I-N. Jawohl, ich durfte allein, ohne Mann und Kind, ein Flugzeug besteigen und vier Tage im Süden Deutschlands verbringen. Da reißt sich jede Mutti tanzend die Fetzen vom Leib und schmeißt die Hände in die Luft.

Ist es der Spaß wert?

Aber von vorn: Zuerst habe ich das Kind bei meiner Mutter abgeliefert, die es 4 Tage in Obhut genommen hat. Ich kann vorwegnehmen, dass mein Elternhaus noch steht, es hat nicht gebrannt und das Kind hat noch alle Körperteile. Die Oma auch. Dafür hat mir die Nachbarin, die den Sohn im Piratenland eingefangen hat (einer Art Oktoberfest-Vergnügungsmeile für Kinder), bestätigt, dass Kind sei sehr schnell und laut. Für mich war es schwerer als gedacht das Kind zurückzulassen. Ich habe im Auto eine Träne verdrückt und mich ernsthaft kurz gefragt, ob es mein Spaß wert ist, das arme Kind allein zu lassen. Dabei war ich ja nicht nur zum Spaß, sondern auch zum arbeiten dort.

Nicht zu glauben, dachte ich im Flieger sitzend, wie man sich selbst die schönen Tage kaputt macht. Da freut man sich das halbe Jahr drauf und fragt sich dann, ob es der eigene Spaß wert ist? Als ob man das Kind gerade bei Dracula abgegeben hätte. Muttergefühle sind schlimmer als ein Hangover. Dachte ich da noch. Während der Flug sehr turbulent zu Ende ging, hatte ich Angst, dass mir der jugendliche Sitznachbar, der auf einmal so weiß wie Marilyn Manson war, auf die Hose kotzte. Der machte jedoch schnell ein Insta-Selfie (whaaaat??) und wir waren auch schon auf dem Boden.

Ein Freundschaftspakt

Chaotisch wurde es wie immer im Taxi, das haben Taxifahrten so an sich. Zuerst verhandelte ich mit dem Taxifahrer den Preis – wer die Preise vom Münchner Flughafen in die Innenstadt kennt, der weiß warum. Erst wollte er nicht und als er dann nachgab, war er so nett, dass es mir leid tat. Wir quatschten über sein Leben, seine Tochter, seinen Beruf als Schneider, er bot mir Tee an und Corona hatte natürlich das Geschäft versaut. Am Hotel angekommen stellten wir fest, dass er keine Kartenmaschine und ich kein Bargeld hatte. Wir fuhren eine halbe Stunde im strömenden Regen um den Lehel-Block, nur um zu merken, da ist kein Geldautomat. Dann knüpften wir einen Freundschaftspackt: Ich gab ihm mein letztes Bargeld auf die Hand und den Rest würde ich ihm an der Hotelrezeption hinterlegen. Handynummern tauschten wir auch, für alle Fälle. Ein Umschlag für Sam. Wir besiegelten corona-conform mit einem Handschlag. Und strahlten uns zum Abschied an.

Im Zimmer schmiss ich mich in die Lederhose, malte mir die Lippen an und rannte zu Sabine. Ich lernte die Freunde der Freundin kennen und das wisst ihr, ist immer spannend. Denn entweder findet man die gleich toll oder man fragt sich, wie diese Person, die man doch so mag, diese Freunde haben kann. Als ich in das Oktoberzelt trat, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Egal wie alt, egal wie weit weg, egal wie schwer zu organisieren – wir brauchen diese Momente mit Freunden. Wo alles andere unwichtig wird, der Alltag draußen bleibt und wir uns fallen lassen. Ins Händel, auf den Festzelttisch oder in die Arme der Freundin. Und obwohl ich mir die Freunde der Freundin nicht schön trinken musste, war das Bier auf dem Oktoberfest stärker als gedacht und ich am Ende eine leicht schwankende Muddi, die aussah als hätte man sie entführt. Aber Freunde vergessen einander nicht und so nahm mich Sabine unter den Arm und Sam bekam an diesem Abend noch seinen Umschlag. Mit Trinkgeld natürlich.

Ich versprach mir selbst

Am nächsten Tag war mein Kopf so tüddelig wie der Flieger am Vortag und das Frühstück mit Sabines Freunden so schön wie der Abend zuvor. Ich musste an meine Freunde denken und wie gerne ich sie öfter alle in einer Stadt hätte. An alles, was sie bisher für mich getan haben und an die gemeinsamen Momente. Wie sie mich begleitet, beschützt und behütet haben. Mir wurde ganz warm ums Herz und ich versprach mir inmitten dieser Runde und mit dem Kaffee in der Hand: Du feierst die Feste wie sie fallen und lässt keine Gelegenheit aus, deine Freunde, die das Leben so bunt, das Herz so weit und dich stark machen, zu sehen. Am Abend klingelte mein Telefon. Es war Sam. Er wollte nur Danke sagen, für den Pakt. Wie man das so macht unter Freunden.

Und als mich Sabine aus ihren dunklen Augen am nächsten Tag beim Fotoshooting anlächelte, da summte es in meinem Kopf: Meine Freunde sind das Tüpfelchen auf dem I, das Salz in der Suppe, die Schaumkrone, der Woge der Begeisterung, mein Antrieb und Schwung!

Deine
Simone

Kategorien Kolumne

Simone ist Mama eines kleinen Jungen, leidenschaftliche Yoga- und Meditationslehrerin, Podcast-Gastgeberin, freie Autorin und PR-Beraterin und ihre große Liebe ist das Schreiben. Sie ist verantwortlich für alle Inhalte und Texte bei PersonalityMag.

1 Kommentar zu “KOLUMNE #embracethechaos – Lieber Chaos, als keine Freunde

  1. Julia Müller

    Was für ein schöner Text…herzlichen Dank dafür!

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