Die montaliche Kolumne #embracethechaos von Simone Lopez Sanchez

Weiblichkeit – kaufe Heizkissen, bekomme Lebensweisheiten

Simone führt auf einem Heizkissen im Schlafzimmer liegend Selbstgespräche und denkt über Winkearme, das „Triangle of Sorrow“ und über Weiblichkeit nach. Sich mit hochrotem Kopf das dritte Auge massierend, beschließt sie das Wichtigste: sich selbst treu bleiben.

„Ja, Simone, wie ist das, bist du gerne weiblich?“
„Bist du gerne eine Frau?“

Ihr merkt schon, ab und an rede ich mit mir selbst. Oft sogar. Meist lache ich über mich selbst. Über meine Vergesslichkeit, meine Muster, ach, über vieles. 

„Also, weiblich sein, ist das schön?“

Generell bin ich gerne Frau. Weiblichkeit ist cool. Und ich kann sehr bestimmt sagen, ich möchte keinen Penis. Ich fände es aber richtig gut, wenn wir Frauen schon als kleine Mädels so ein Selbstvertrauen hätten, wie es mein Sohn an den Tag legt. Ich habe das Gefühl Männern fällt es leichter von Tag eins auf dieser Welt sich das zu nehmen, was sie möchten und auch dazu zu stehen.

Weiblichkeit – PMS, Triangle of sorrow und so viel mehr

Frau bin ich gerne, ja. Aber mir gehen ein paar Sachen auf den Nerv. PMS brauche ich nicht, keine Hitzewallungen, keine Periode, keine Schmerzen, keine Stimmungsschwankungen und naja, habe ich Bock auf Menopause – ich denke nicht. Ich möchte nicht, dass meine Brüste schmerzen, dass ich Winkearme bekomme und ich möchte kein „Triangle of sorrow“.

Das ist der Bereich zwischen den Augenbrauen – waaaaas, denkt ihr jetzt, da sitzt doch das dritte Auge? Ja, das ist da auch, aber da ist auch ein Hautdreieck und wenn man zu oft, wie ich, nachdenkt und die Stirn in Falten legt, dann bleibt das da. Es wird sozusagen vom Leben ohne Farbe eintätowiert.

Zurück zum Thema: Wir sind alle auf einem Weg – der ist mal hart, mal herzlich und heute naja, heute führt mich dieser Weg auf mein Heizkissen. Ja, richtig gehört, bei 30 Grad Außentemperatur im September liege ich zuhause am helllichten Tag auf meinem elektrischen Heizkissen.

36 Grad und es wird noch heißer – ich komme in Fahrt

Der Mann kommt rein und sagt: „Simone, es riecht verbrannt.“
Und ich frage mich, sind bei mir die Leitungen oben am Durchbrennen oder ist es das 30 Euro-Tchibo-Heizkissen? Vielleicht ist es beides. Das Kissen ist aus einem hässlichen Stoff, der Altersheim ruft. Ich habe immer das Kabel am Rücken, weil ich es jedes Mal falsch herum hinlege.

Aber es hat einen Schalter, der mir Wärme in 4 verschiedenen Stufen bringt. Schalter hoch – hot as hell. Schalter auf 1 – leichtes bruzzeln. Es ist ein Vorgeschmack aufs Älterwerden. Denn ich wünsche mir fürs Alter viele elektrische Dinge: den Lifta, ein verstellbares Bett und eben so ein Kissen.

Seit ich heute Morgen aufgewacht bin, sehe ich nur, was links von mir passiert, denn nach rechts kann ich mich nicht drehen. Wer braucht das schon? Links, da passieren die Dinge, die uns voran bringen.

Der Gast in meinem Schlafzimmer

Ich bin hart verspannt, was daran liegen könnte, dass das Kind mal wieder in unser Schafzimmer einmarschiert ist. Tapp, tapp, Nachtigall ik hör dir trapsen. Nein, es ist mein Sohn. Geschmeidig, wie eine Nachtigall lässt er sich steif zwischen uns fallen. Da ich schlafe wie ein Stein oder auch wahlweise im Schlaf Reden halte (was mir selbst etwas Angst macht), bekomme ich es manchmal gar nicht mit.

Werde dann aber irgendwann von einem Bein, das auf mir drauf liegt, wach. Dann erschrecke ich mich und denke: Oh, Ganesha (ich gewöhne mir gerade an, das Gott in Oh Gott zu ersetzen), wer ist das?

Jede Nacht dasselbe. Wer soll das sein? Frage an mich selbst. Ich schlafe nicht in einem Laufhaus, wo jetzt die Auswahl so groß wäre. Dein Sohn oder dein Mann. Wahlweise zwei Möglichkeiten. Nachdem ich dann festgestellt habe, dass es nicht wie in meinen Perimenopause-Fieber-Wunschträumen Wotan Wilke Möhring oder Brandon Boyd ist, beruhige ich mich wieder.

Ich, das eingerollte Croissant – sehr weiblich

Und nehme dann so eine Haltung ein, in der ich mich, erschlagen von den beiden Mannsbildern zu meiner rechten, nicht mehr viel bewege. Ich liege da wie ein eingerolltes Croissant, bei dem langsam der Putz, äh, der Teig abbröckelt. Vielleicht kommt der verspannte Nacken, aber auch einfach von meiner Periode, die mir so auf den Geist geht.

Ich liege also auf diesem Kissen und man könnte ernsthaft ein Ei auf mir backen. Ein Lagerfeuer auf mir anzünden, Kohle zum glühen bringen oder mit mir und dem elektrischen Kissen ein ganzes Viertel in Brand stecken. Mit hochrotem Kopf denke ich darüber nach, was dieses Frausein, diese Weiblichkeit alles mit sich bringt und was ich daran mag.

Was bedeutet Weiblichkeit für mich?

Ich glaube mein größtes Learning in Sachen Weiblichkeit nach vielen Jahren ist es, dass ich authentisch leben möchte. So abgedroschen es vielleicht klingt, aber ich möchte meine Wahrheit leben. Die verändert sich auch mal von Tag zu Tag – aber ich habe das Gefühl, dass ich mit jedem Jahr trotz zunehmender nerviger körperlicher Beschwerden mehr zu mir selbst stehen kann.

Ja, ich meditiere, damit ich den Affen da oben in den Griff kriege. Das macht mich nicht heilig. Parallel dazu habe ich das Gefühl, das Leben nicht immer im Griff zu haben und nicke, als mir die Dame bei der Elternberatung sagt:

„Frau Lopez Sanchez, sie reflektieren und denken sehr viel. Das ist gut, aber auch ganz schön anstrengend. Vielleicht lassen sie das einfach mal.“

Ja, ich lebe zu 80 % vegan und versuche keinen Kaffee zu trinken. Weil ich merke, dass ich dann noch hibbeliger bin, PMS zuschlägt und ich seit neustem so rote Flash-Anflüge im Gesicht bekommen. Aktuell trinke ich Kaffee. It’s a challenge.

Ich bin mal ruhig besonnen, mal schreie ich, ich verliere die Nerven, ich beruhige mich, arbeite an mir, tue mir Gutes oder besser gesagt, ich lerne es, tue anderen Gutes, kümmere mich und weiß das Wichtigste: Ich darf mich selbst nicht vergessen. Denn bei mir fängt alles an. 

Ich arbeite für Geld, aber auch viel für umsonst, ich arbeite an meiner Partnerschaft, an meiner Yogapraxis und an der Art, das Leben zu begreifen – und manchmal sage ich „Leck mich, Arbeit“ und lege die Füße auf einen Wasserkasten. Den mein Mann vor der Tür vergessen hat.

Geil, habe ich alles gemacht!

Ich möchte mir in 30 Jahren noch in die Augen gucken können und denke: „Geil, habe ich alles gemacht.“ Da habe ich Sachen richtig gemacht, da habe ich Sachen falsch gemacht, aber ich habe es immer versucht. Das ist mir wichtiger, als ein Vermögen anzuhäufen oder eine Wohnung für die Altersvorsorge zu kaufen. Auch wenn ich das sehr schlau finde und für empfehlenswert halte, aber nicht für den Preis, dass ich mich im Jetzt verbiege, in einem Job gefangen bin und nicht froh sein kann.

Was soll ich sagen? Die besten Gedanken kommen nicht immer am Schreibtisch. Manchmal muss man dafür heiß gekocht und verspannt auf einem Wärmekissen liegen. Hätte ich gewusst, was ich für 30 Euro Investition alles für Einsichten in Sachen Weiblichkeit bekomme, ich hätte zwei genommen.

So, und jetzt massiere ich mir das dritte Auge, esse ein Schokoeis und pfeife mir selbst ein Lied.

Kategorien Kolumne

Simone ist Mama eines kleinen Jungen, leidenschaftliche Yoga- und Meditationslehrerin, Podcast-Gastgeberin, freie Autorin und PR-Beraterin und ihre große Liebe ist das Schreiben. Sie ist verantwortlich für alle Inhalte und Texte bei PersonalityMag.

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