Simone Lopez Sanchez in ihrer Kolumne über Pausen

Kolumne #embracethechaos: Die Sache mit der Pause.

Simone kann Sachen erledigen, Todos anhäufen, Dinge an den Start bringen und zum Leben erwecken, Neues lernen und aktiv sein, aber eine Sache kann sie nicht so gut: Pause machen.

Wenn man als Kolumnistin nur über Sachen schreiben dürfte, die man beherrscht, dann wäre ich hiermit für diesen Text disqualifiziert. Oder der Text wäre schnell zu Ende mit den Worten: Ich bin schlecht im Pause machen. 

Schon wenn ich an das Wort Pause denke, verbinde ich damit eine von außen auferlegte Pause, so wie in der Schule. Oder eine Pause, weil man krank ist, oder ich denke an Beziehungspausen. Ich denke weniger an Erholung, Füße baumeln lassen oder Löcher in die Luft starren.

Wenn ich mich hinsetze, um Löcher in die Luft zu starren, fällt mir 5 Minuten später ein, dass ich die Wäsche anstellen muss. Und wenn ich das woanders als zu Hause tue, also das rumstarren, dann fällt mir etwas ein, was ich sofort notieren muss und noch umsetzen will. Mein Kopf steht selten still.

Yogalehrerinnen sind entspannt – dass ich nicht lache!

Darum mache ich Yoga, darum unterrichte ich. Und weil ich davon ausgehe, dass es auch anderen Menschen so geht wie mir, habe ich mich entschieden diese Dinge an andere weiterzugeben. Wer hat eigentlich den Gedanken in die Welt gesetzt, dass Yogalehrerinnen immer tiefenentspannt sind und scheinbar keine Probleme haben?

Und dass die es gut können mit dem Entspannen? In meinem Fall kann ich sagen: Ich habe diese Praxis sehr nötig und werde ihr auch deshalb treu bleiben.

Neulich schrieb mir die Vermieterin unseres Hauses, eine ältere Dame, die ab und zu in einem Ashram lebt, ich solle mich in den Garten setzen, die Sonne genießen, einen Kaffee trinken und nicht immer so viel arbeiten. Abgesehen von dem Kaffee, den ich seit über 4 Wochen nicht trinke, damit ich ruhiger werde, weiß ich nichts mit dieser Nachricht anzufangen.

Würde sie mir schreiben, ich solle ihr nochmal erklären, wie das mit dem Anhang bei den E-Mails geht oder wie man eine Website baut oder mich bitten einen Vertrag für sie zu erstellen – es würde mir tatsächlich einfacher fallen. Ich hätte das Gefühl man braucht mich, statt mir Langeweile zu empfehlen.

Wenn Entspannung uns verärgert

Wenn ich aktuell auf Instagram seeeeehhr entspannte Menschen in einem seeeehr entspannten Alltag sehe, denke ich mir: Mahaaan, das ist doch nicht das wahre Leben, zeigt mal Reality. Ja, es macht mich fast ärgerlich. Und wir wissen ja, alles, was uns triggert, na ja, da haben wir noch ordentlich was zu tun. Ja, auch Arbeit, aber eine andere.

Das ist doch verrückt, denke ich, während ich diese Kolumne auf dem Bauch liegend auf meinem Bett schreibe, weil mich Schmerzen am Allerwertesten gerade in die Knie, äh zur Pause, zwingen. Es ist die einzige Pause, die ich kann, die zwangsverordnete, von meinem Körper. Und das ist, wie wir alle wissen kein gutes Zeichen, denn würde ich eigenständig mehr Pausen machen, gäbe es keine Zwangspausen.

Selbst mein Kopf denkt, dass ich anstrengend bin

Aber irgendwann funkt mein Kopf einfach an meinen Körper: „Gott, ist die so anstrengend, die gibt einfach nie Ruhe, immer hat sie eine neue Idee, immer neue Gedanken, immer neue Todos – stell die jetzt mal ruhig.“ Zack, denkt sich der Körper, nichts einfacher als das, ich schicke Kopfschmerzen, PMS, Erkältung oder Magenschmerzen vorbei. Sie hat nicht drauf gehört? Ok, nächste Woche nochmal.

Jetzt kann man sich natürlich fragen, woher kommt’s? Erste Antwort: Ich habe es einfach nicht gelernt. Schön einfach machen, immer auf die Eltern schieben. Aber ernsthaft, in meiner Familie kann keiner gut entspannen, darum bin ich ja auch Yogalehrerin geworden.

Da hat sich die Familie gedacht, wer braucht denn sowas. Warum sollte man Jahre üben das Bein hinter den Kopf zu brezeln und wer bezahlt bitte für Entspannung?

Der Weg ist so schwer

Sehr viele Menschen und ich übrigens auch, denn wenn ich mal Pause mache und entspannt bin, finde ich das super. Aber der Weg, naja. Als wir im Ausland waren, in Dubai, da ging das besser. Immer wenn ich in Spanien bin auch. Da komme ich an und es fällt etwas von mir ab. Ich kann dort tatsächlich gut sein und weniger tun.

Und das Wetter. Ja, vielleicht liegt es am Wetter oder einfach an der deutschen Geschäftigkeit. Darum habe ich mir auch keinen deutschen Mann ausgesucht, sondern einen Spanier. Siesta, sietsa – aber mal ehrlich, der ist auch nicht so gut im Pause machen, sondern mäht lieber den Rasen.

Die eigene Psychodynamik

In einer meiner psychodynamischen Lehrcoaching-Stunden habe ich mit meinem Coach meine eigenen Psychodynamik besprochen – hoch interessant. Warum mache ich immer so viel, warum kann ich so schlecht Ruhe halten, warum ist da immer so viel Arbeit?

Die ehrliche Antwort, weil ich gelernt habe, dass sich daran mein Wert bemisst. Wer viel macht, ist gut, wer mehr macht, ist besser. Höher, schneller, weiter. Faulenzen ist nix Gutes. Alles völlig daneben, weiß der Verstand. Aber diese einmal verankerten Glaubenssätze, die sitzen tief.

Auch Silja Mahlow schreibt in ihrem neuen Buch „Spiritual Leadership“: „Pausen sind essentiell“ und „Wir sind nicht hier, um produktiv zu sein“. Ich denke diesen Satz sollte ich mir übers Bett hängen. Wir sind nur hier, um wir selbst zu sein oder wie ich finde, um wir selbst zu werden. Und, ja wenn es ruhig um uns herum ist, dann hören wir uns selbst.

Dann kommt es zum Vorschein, das wahre Selbst. Das andere ist eine Version von uns, die rennt.

Genau das wird mein Learning sein für die nächsten Jahre. Noch mehr zu lauschen, was die Stimme in mir drin sagt, außer: Renn, lauf, mach, sei eine emsige Biene. Seit meinen Vater gestorben ist, renne ich noch mehr. Ich weiß, ich laufe auch ein bisschen der Trauer und einer Geschichte davon.

Gestern habe ich mir einen neuen Kalender bestellt und kleine Neon-Textmarker. Eine Farbe soll für Schönes, für Freizeit und Vergnügen stehe. Ich hoffe ich werde fleißig viel, ach nein ruhig und entspannt, Dinge eintragen.

Außerdem plane ich meinen Allerwertesten in diesem Jahr auf einem Schweige-Retreat niederzulassen.

Wenn schon Pause, dann hardcore.

Eure Simone

Kategorien Kolumne

Simone ist Mama eines kleinen Jungen, leidenschaftliche Yoga- und Meditationslehrerin, Podcast-Gastgeberin, freie Autorin und PR-Beraterin und ihre große Liebe ist das Schreiben. Sie ist verantwortlich für alle Inhalte und Texte bei PersonalityMag.

2 Kommentare zu “Kolumne #embracethechaos: Die Sache mit der Pause.

  1. Lisa Kühn

    Liebe Simone, ich habe dich Sonntag zum ersten Mal live erlebt und bin hin und weg von dir :-)
    Jetzt habe ich gerade diesen Artikel von dir gelesen und kann nur sagen, ich hätte ihn genauso verfassen können (also ich kann nicht schreiben, auch wenn du sagst es kann jeder..). Aber du sprichst mir aus der Seele, heute ist mein erster freier Arbeitstag seit 4 Wochen und ich kann dir sagen, 11 Dinge meiner todo Liste sind abgearbeitet und es geht noch weiter… ich werde hier fleißig lesen und auf deiner Website nach dem Workshop im November in Düsseldorf Ausschau halten. Herzliche Grüße und Danke für deine Inspiration. Lisa

  2. Liebe Lisa, ich danke dir so sehr für deine Worte und dein schönes Feedback! Wir freuen uns sehr, dass du im Abo dabei bist! Die Infos zum Workshop findest du ganz bald auf meiner Website. Liebe Grüße Simone

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