Portrait Julia Wunderlich von Rollingtiger Berlin

Interview Julia Wunderlich über Ayurveda und zyklisches Leben

Julia Wunderlich von rolling tiger aus Berlin spricht mit uns über ihre Arbeit mit und für Frauen, über Ayurveda, das Leben mit dem Zyklus und Weiblichkeit.

Julia, für alle, die die nicht kennen, wer bist du und was machst du?

Ich bin Mutter, Gründerin von rolling tiger und dem rolling tiger.studio in Berlin-Kreuzberg und ich biete seit fast 10 Jahren Heilarbeit für Frauen an. In meinem Wirken bezeichne ich mich als Intuitive und schöpfe aus einem Pool verschiedener Tools, wie Ayurveda, Traumaheilung, Breathwork, Energiearbeit – um Frauen an ihre Kraft und ihr Licht zu erinnern.

Wie hat deine Geschichte zu deinem Beruf/deiner Berufung beigetragen?

So ziemlich alles. Mit verschiedenen Essstörungen, Schilddrüsenproblemen und Endometriose, People pleasing und der Verausgabung meiner Selbst bis hin zum Burnout, weiß ich, wie es sich im Reich der Dunkelheit anfühlen kann.

Ich habe meinen Heilweg mit einer tiefen Hingabe betreten und diese Hingabe ist es, mit der ich jeder Frau und ihrer ganz individuellen Aufgabe begegne. 

Warum hast du dich in deiner Arbeit auf Frauen spezialisiert?

Um ehrlich zu sein, habe ich nie wirklich darüber nachgedacht. Mein persönlicher Heilweg hat viel mit meiner Erfahrung hier auf der Erde in einem Frauenkörper zu tun. Ich habe durch meine Erfahrungen mit Hormonproblemen und Erschöpfung Frauen mit ähnlichen Themen in mein Feld gezogen.

So hatte ich die Möglichkeit, zu einer wirklichen Spezialistin auf diesem Gebiet zu werden. Ich fühle, dass uns unsere Heilwege automatisch zu Spezialist:innen machen. Ich sehe es als meine Aufgabe an, Frauen mit diesen Symptomatiken zu unterstützen und habe es nie als Frage gesehen, welchen Weg ich einschlage.

Ich habe mich hier führen lassen.

Wie arbeitest du mit den Frauen, was zeichnet deine Arbeit aus?

Meine Arbeit ist sehr intuitiv. Wir schauen immer gemeinsam, was es gerade braucht. Dabei bilden wir eine Brücke zwischen dem Thema, welches sich aktuell zeigt, und der – meist – weiter zurückliegenden Wurzel.

Mir ist es wichtig, dass wir uns in den Sitzungen auf Augenhöhe begegnen, dass es genug Raum gibt, um zu spüren und tiefer im Körper zu landen. Meine Qualität als liebevolle und präsente Raumhalterin wirkt hier für sich.

Von diesem Platz aus zu arbeiten, empfinde ich als Geschenk für mich selbst und für die Frauen, die zu mir kommen. In diesem Raum findet keine Manipulation oder Überstülpen statt, sondern ich sehe die Person vor mir in ihrer ganzen Größe und Schönheit.

Was bedeutet es für dich, die eigene Weiblichkeit zu leben?

Rein äußerlich bedeutet es für mich, den Jahreszeitenzyklen und meinen inneren Zyklen zu folgen. Besonders in meiner Prämenstruellen Phase, während der Blutungszeit und zu Neumond nehme ich mir Zeit und Raum für mich, um mehr zu spüren und zu entschleunigen.

Als Frau, Mutter und Selbstständige ist Entschleunigung für mich essentiell. Nur dann kann ich in meiner Kraft sein, mit meinem Yin verbunden sein und aus ihm schöpfen.

Hier helfen mir immer wieder Massagen oder andere Healing-Sessions, die ich dazu nutze, mein Feld immer wieder zu klären, mich zu verwöhnen und aufzutanken.

Was braucht Weiblichkeit – woraus speist sie sich, was nährt sie?

Das ist immer unterschiedlich, fühle ich. Manchmal braucht sie Sanftheit, auch Sanftmut. Ein vertrauensvolles tiefer Sinken in uns selbst und in den Moment.

Manchmal braucht sie inneres Feuer, Klarheit, Vision, Antrieb. Sie kann so vieles sein. Daher würde ich sagen: sie braucht Raum, sie braucht Verbindung, sie braucht die Option, wirklich landen zu können, – oder im Feuer zu stehen, für die Vision, für die Erde, wenn es dran ist.

Was liebst du an dir? 

Das ist eine spannende Frage, ja. Danke. Ich liebe es an mir, dass ich ‘dran bleibe – in allen Bereichen meines Lebens. Ich gebe nicht auf. Ich liebe es, dass Visionen immer wieder zu mir fließen und dass ich den Mut habe, diese ins Leben zu bringen – wie unser aktueller Online-Kongress “new motherland”.

Mir gehen die Ideen nie aus. Und ich liebe meine Treue und meine tiefe Liebe für meine ganz nahen Menschen. Ich bin da und bleibe. Diese Qualität kommt dieses Jahr noch mehr zum Vorschein.

Was fasziniert dich an anderen Frauen?

Lebendigkeit und Vision und Ehrlichkeit faszinieren mich, sowie Frauen, die bereit sind, tiefer in ihren Körpern zu landen. Ich weiß, dass der Weg der Verkörperung kein einfacher Weg ist.

Darum bin ich voller Liebe und Demut gegenüber den Frauen, die hier so mutig ihren Weg gehen, die vorangehen – mit der Vision einer neuen Welt.

Was kann Ayurveda uns über den weiblichen Zyklus lehren?

Die Ayurveda ist in ihrer “Natur” ein zyklisches System. Sie lehrt uns, die Lebenszyklen, die Jahreszeiten und die Mondzeiten zu achten und nach ihnen zu leben. Wir finden sowohl Frauen-Heilkräuter für verschiedene Zyklusphasen und -Symptome, Ernährungsempfehlungen und Inspiration, wie wir unseren Alltag, unsere Beziehungen zu uns selbst und zu unserem Wirken für uns gestalten können.

Dies lässt sich zum Beispiel so übersetzen: Wind und Feuer sind die Elemente, welche – im Bezug auf den Zyklus – für Balance oder für Disbalancen sorgen können. Wind kann sich in ausbleibender, schmerzhafter Blutung oder in brauner Blutfarbe zeigen. Da Wind in der Ayurveda kalt und trocknend ist, können wir mit wärmenden und befeuchtendem Essen – sprich Vata-senkendem Essen – eine Menge für uns tun.

Feuer hingegen ist heiß. Viel Feuer kann sich in einer starken Blutung oder in einem verkürzten Zyklus und “hitzigem PMS” zeigen. Hier gilt es, auf stark erhitzende und sauer wirkende Lebensmittel, wie Zucker, Essig, Chili, Kaffe, Soja etc. zu verzichten.

Die Blutungszeit wird in der Ayurveda als Zeit der körperlichen und seelischen Reinigung verstanden. Unser Körper ist jetzt widerstands- und kraftloser und braucht Ruhe und Langsamkeit, um gestärkt in den neuen Zyklus gehen zu können. So gibt es unzählige Beispiele und Anwendungsmöglichkeiten – für ein zyklisches Leben.

Warum ist das Erinnern ein Bestandteil in der Arbeit mit Frauen?

In der Ayurveda begegnen wir der Aussage, dass wir “perfekt und ganz” auf die Welt kommen. Wir sind vollkommen. Je nach Umfeld und Prägung entfernen wir uns von diesem Ur-Zustand im Laufe unseres Lebens.

Unsere Aufgabe besteht – für mich – darin, dies irgendwann zu erkennen: dass wir in uns vollkommen sind und dass es zum irdischen Leben dazu gehört, die Dinge wieder in ihre “natürliche und ursprüngliche” Ordnung zu bringen. Das zu sortieren und zu heilen, was uns von unserer Vollkommenheit weggeführt hat.

Daher ist jede Form von Heilarbeit und ja, für mich auch die Frauenarbeit, ein Weg des sich Erinnerns. Wir als Frauen dürfen uns darüber hinaus auch an unseren kollektiven Schmerz und an unsere kollektive Weisheit erinnern. Sich zu erinnern, bedeutet, an die eigene Intuition und an das Netz aller Frauen anzuknüpfen und sich mit ihm zu verbinden. Von hier aus können wir unseren Platz erst so wirklich einnehmen und kraftvoll wirken.

Wie behältst du dir deine eigene Weichheit?

Mehrmals am Tag checke ich mit mir ein und spüre hin, wo ich hart geworden bin, wo und wann mein Körper in eine Kontraktion gegangen ist, und ob und wo ich im Widerstand (gegen eine Erfahrung) bin.

Hierzu nutze ich Momente in der U-Bahn, Pausen zwischen meinen Sessions und vor allem die Abendstunden. Vor allem Abends gebe ich noch einmal aufgenommene Fremdenergien zurück und spüre hin, ob etwas in mir ins Fließen gebracht werden möchte.

Aus meiner eigenen Traumaarbeit weiß ich, wie wichtig diese kleinen Momente sind, die uns wieder tiefer in den Kontakt mit uns selbst bringen.

Ich verstehe weich sein als offen sein. Offen sein können wir nur, wenn unser System über die Kapazitäten dazu verfügt – und über einen gewissen Grad an Verkörperung. Dies ist immer ein Prozess, ein Weg. Weich zu sein, offen zu sein – das dürfen wir uns immer wieder klarmachen – ist in unserer Gesellschaft ein wirklich mutiger, revolutionärer Akt.

Über Julia Wunderlich:

Julia Wunderlich ist Südasienwissenschaftlerin, Ayurveda-Praktikerin, Atem-Coach, Visionärin & Mutter. Sonne & Mond sind im Steinbock und im Human Design ist sie Projektorin – in beiden Systemen ist es ihre Aufgabe, Menschen auf ihrem Heilweg zu dienen. Sie begleitet Frauen mit Ayurveda, Vedischem Wissen, Meditation, Atemtherapie und ihre intuitiven Fähigkeiten bei der Rückverbindung mit ihrer ur-eigenen Kraft und Liebe.

Foto Credits @ Gina Vandana

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