bild in s/w Frau sitzt vor einem Fenster

Kolumne #embracethechaos: Wie lassen wir im größten Chaos einfach los?

Der November war in jeglicher Hinsicht ein tougher Monat. Ich hatte ein paar Momente, wo mir fast die Luft weg geblieben ist. Und das einzige, was ich tun konnte, war loslassen. Dazu muss man wissen, dass mir das nicht gerade leicht fällt. Ich bin ganz gut im Dinge anschieben und umsetzen, aber komplett loslassen, ist nicht meine größte Stärke. Here we go!

Zwei gebrochene Arme und eine lädierte Oma

Im November besuchte ich endlich mal wieder meine Eltern für ein kurzes Wochenende und blieb am Ende eine ganze Woche. Meine Mutter brach sich beide Arme und konnte von jetzt auf gleich nicht mal mehr eine Tasse heben oder allein zur Toilette gehen. Am selben Abend stürzte meine 91-jährige Oma und brach sich das Sprunggelenk. Sie blieb für zwei Tage im Krankenhaus und niemand durfte sie besuchen. Dann kam sie nach Hause und ihr Heim musste innerhalb von wenigen Tagen auf ihre Situation angepasst werden. Und sie musste aufgepäppelt, gepflegt, gefüttert und gewaschen werden. Es waren plötzlich zwei Situation, die alle Hilfe und Aufmerksamkeit benötigten. Von mir und meiner Schwester. Wir rannten, wir organisierten, versuchten nebenbei für unsere eigenen Kinder da zu sein und je mehr Tage ins Land gingen umso mehr merkte ich, wie das alles an mir zerrte. Ich fragte mich beständig, wie das eigentlich Mütter mit vier oder fünf Kindern machen? 

Was mir am Ende half, war es tatsächlich einfach loszulassen. Die Vorstellung, dass alles von jetzt auf gleich super klappen muss. Die Vorstellung, dass es im größten Durcheinander immer harmonisch ist. Und wie immer handelte ich meinen Muster gemäß, ich packte erst mal an, rannte, raste und machte und merkte aber zwischendrin: Simone, du musst loslassen. Energie tanken, sonst sind die Akkus schnell leer, das hilft niemandem.

Wenn du mit Kind im Fahrstuhl stecken bleibst

Wieder zuhause merkte ich, wie sehr mir die Yogapraxis gefehlt hatte. Ich sehnte mich danach den Körper zu bewegen und alles einmal zu öffnen. Ich startete wieder in eine verrückte Woche und es ging mit vielen Herausforderungen weiter: Die Website meldete auf einmal verrückte Fehler und musste dringend gecheckt werden, mein E-Mail Postfach explodierte und dauernd verließ mich die Technik. Das Kind wurde zweimal hintereinander krank und musste zuhause bleiben. Dieses „Ich-bin-ein-krankes-Kind-reiße-aber-trotzdem-die-halbe-Wohnung-ab“-Kranksein. Ich schrieb parallel an den Texten dieser Ausgabe und war also voll im Thema. Ich packte das Kind in einen winterfesten Overall, schnürte es bis oben hin wie ein Geschenk zu und packte es ins Auto, um einen Adventskranz zu besorgen. Im Auto versagte das Handy, ich hatte keinen Empfang und konnte die Adresse des Blumenhandels, die mir aufgrund spontaner Demenz entfallen war, nicht finden. Ich packte das schwitzende Kind aus, ging zur Wohnung zurück, stieg in den Aufzug (wir wohnen im 5. Stock), passt eine Minute nicht auf und das Kind riss an einem Schalter. Es stockte und wir steckten fest. 

Wenn sich kurz Panik breitmacht

Im Aufzug. Wir steckten im Aufzug fest. „Scheiße“, dachte ich. Ich musste sofort an einen Urlaub auf Fuerte Ventura denken, wo wir eine geschlagene Stunde im Hotelaufzug feststeckten und ich hysterische Züge an mir selbst entdeckte. Das Kind schaute mich ängstlich an und ich riss den Schalter wieder in die andere Richtung. Nichts passierte. Gut, dachte ich, wie sagt noch gleich mein Achtsamkeitslehrer, es gibt kein Warten. Eine gute Gelegenheit ein paar Atemübungen zu praktizieren. Unpassend, ich hatte ja das Kind dabei. Kurz stieg ein panischer Gedanke in mir auf. Diese Art Gedanken, die uns wie eine innere Heizung von innen glühend heiß in Sekundenschnelle aufwärmen. Schließlich hatte ich auch keinen Handyempfang.

Was, wenn wir hier stundenlang festsitzen? Wie halte ich das Kind bei Laune? Ich entschied mich den Gedanken schnell los zu lassen. Stattdessen drückte ich den Notdienstbutton. Als ein paar Mal die Wareschleife ertönte, wollte sich wieder der Panikgedanke in mir breit machen. Aber ich ließ los. Ich wies den Gedanken einfach zurück, ich konnte es richtig spüren. Als der Mann nach einer kurzen Erklärung meinerseits am anderen Ende meinte: „Drücken sie jetzt mal wieder den Schalter nach oben“, setzte sich der Aufzug auf wundersame Weise in Bewegung. Die Situation hatte sich mit Ruhe innerhalb von Minuten aufgelöst. (Wahrscheinlich wäre nicht mal der Notrufknopf nötig gewesen ;-))

Als ich am Abend in die Kissen plumpste und so richtig los ließ, wurde mir wieder klar: 

Wir können nichts festhalten und wir können auch nicht beeinflussen, was uns Tag für Tag passiert.

Aber wir können uns immer wieder schulen, wie wir damit umgehen. Wir können uns in Achtsamkeit üben und in den angespanntesten Situationen, die uns das Leben präsentiert, versuchen los zu lassen.

Ich bin mir sicher, es werden noch einige Übungssituationen kommen. 
I’ll keep you posted. 

Alles Liebe,
Simone

Titelbild @ Rafael Leao via Unsplash

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