Die Hypnose ist ein wirkungsvolles Therapieverfahren, wenn es darum geht tief einzutauchen in das eigene Selbst. Im Interview erzählt die Heilpraktikerin für Psychotherapie und Hypnosetherapeutin Mareike Flüß, welche Wirkung das Verfahren auf den Körper hat.
Warum haben viele Menschen erstmal Angst, wenn sie von Hypnose hören?
Schon seit 2006 ist die Hypnosetherapie als wissenschaftlich begründete psychotherapeutische Methode anerkannt. Trotzdem herrschen in vielen Köpfen bis heute Vorurteile. Diese beruhen auf dem Bild des allmächtigen Hypnotiseurs: Eine Mischung aus zwielichtigem Entertainer und wild mit dem Pendel wedelnden Wunderheiler, denen der Hypnotisand willenlos ausgeliefert ist. Dieses Bild wird nicht zuletzt durch Filme oder Showhypnotiseure angefeuert, ist aber bei näherer Betrachtung eher ein Mythos.
Das Gegenteil ist der Fall. Im Kontext der Therapie wird der Klient durch die hypnotische Trance und dem damit einhergehenden mentalen Prozess dazu befähigt, Kräfte und Ressourcen in sich selbst zu finden, um aktiv an Veränderungs- und Gestaltungsprozessen mitzuwirken.
Wie bist Du zur Hypnose gekommen?
Ich habe nach einem wirkungsvollen Therapieverfahren gesucht, das vielseitig einsetzbar ist und auch schon nach wenigen Sitzungen zu sehr guten Ergebnissen führt.
Außerdem lässt sich die Hypnose wunderbar mit anderen Therapieformen kombinieren und bietet mir und damit meinen Klient*innen so ein erhöhtes Maß an Flexibilität.
Was passiert während der Hypnose?
Während der hypnotischen Trance kommt es zu einer messbar veränderten Aktivität im Gehirn. Bestimmte Bereiche fahren runter und andere werden sehr aktiv.
Eine fokussierte Aufmerksamkeit auf das innere Erleben ist das Ergebnis. Die im Wach-Zustand normalen Bewertungen und bewussten Denkprozesse treten in den Hintergrund und es wird der Raum für spontane Impulse aus dem Unbewussten gegeben – in Form von Bildern, Gedanken, Erinnerungen, während äußere Reize vermindert wahrgenommen werden.
Dieser Zustand kann dann für die unterschiedlichsten Ziele genutzt werden: zur Stressreduktion, zur Suggestion von Verhaltens- und Einstellungsänderungen, zur Visualisierung von Zielen und Heilungsvorgängen, für kreative Suchprozesse, zur Ressourcenaktivierung, zur Mobilisierung von Kräften, zur Analgesie und zu regressiver Arbeit.
Welche Wirkung hat Hypnose auf den Körper?
Physiologisch verlangsamen sich Puls, Blutdruck und Atemfrequenz. Der Muskeltonus und die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol werden vermindert. Es kann zu Trancephänomenen wie Katalepsie (Erstarrung von Körperteilen) oder Levitation (das unwillkürliche Heben des Arms oder der Hand) kommen, sowie zur Dissoziation von Körperwahrnehmungen (Schmerzanalgesie – interessant für Zahn-Behandlungen, bei denen keine Betäubung vorgenommen werden kann). Der Körper erfährt Entspannung und Regeneration. Er bekommt Gelegenheit, neue Kräfte zu mobilisieren und sich gedanklich von altem Ballast zu lösen. Diese Befreiung wirkt sich meistens unmittelbar auf die Körperwahrnehmung der Klient*innen aus und wird als sehr wohltuend empfunden.
Auch in der interaktiven Hypnose, das heißt, wenn nicht rein suggestiv gearbeitet wird, sondern Therapeut und Klient sich austauschen, kommt es zu spürbaren Erholungsprozessen des Körpers.
Was lernen wir über den Körper in der Hypnose?
Wir lernen, dass wir ganz schön viel Einfluss auf unseren Körper haben, wenn wir ihm mit Achtsamkeit begegnen. Mentale Prozesse können sich unmittelbar auf das Körpergefühl und darüber hinaus auch direkt auf das Aktionspotential auswirken. Davon profitieren unter anderem die Klienten in der Sporthypnose, wo Bewegungsabläufe erst mental bis ins kleinste Detail visualisiert und trainiert werden, damit sie dann bei der leibhaftigen Umsetzung schon „in Fleisch und Blut“ übergegangen sind.
Bei welchen Beschwerden zeigt die Hypnose Erfolge?
Hypnose kann therapeutisch bei den unterschiedlichsten Erkrankungen eingesetzt werden. Sie ist hervorragend geeignet, um Ängste und spezielle Phobien zu behandeln. Sie kann bei depressiven Erkrankungen zur Ressourcenaktivierung eingesetzt werden, zu Burnout Prävention, Traumatherapie und zur Linderung von chronischen Schmerzen.
Ein Klassiker ist sie mittlerweile schon bei der Raucherentwöhnung und der Behandlung von Übergewicht. Je nach Krankheitsbild ist eine fachärztliche Abklärung natürlich obligat.
Wie beschreibst Du den Zustand, in dem wir während der Hypnose sind?
Wir sind ganz bei uns.
Worauf sollte man achten, wenn man nach einem Hypnose- Therapeuten sucht?
Man sollte sicherstellen, dass die Kompetenzen des Therapeuten sich mit dem Bereich decken, in dem man arbeiten möchte. Wenn es um Traumatherapie geht, sollte man sich an jemanden wenden, der in diesem Bereich qualifiziert ausgebildet ist.
Nur Hypnose-Therapeuten mit Heilerlaubnis (z.B. Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Heilpraktiker für Psychotherapie) dürfen Beschwerden mit Krankheitswert behandeln.
Maßgeblich für den Erfolg der Zusammenarbeit ist der Rapport – die vertrauensvolle und wertschätzende Beziehung zwischen Therapeut und Klient.
Über Mareike Flüß:
Mareike Flüß ist gebürtige Rheinländerin, hat Kulturwissenschaften studiert und war 12 Jahre lang beruflich in der Welt unterwegs. Sie ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und hat eine Ausbildung in Hypnosetherapie mit diversen Schwerpunkten. Sie arbeitet selbstständig in eigener Praxis vor den Toren Marburgs und befindet sich aktuell in der Ausbildung zur Gestalttherapeutin. Außerdem mal Mareike wunderschöne abstrakte Acryl-Bilder.
Titelbild @ Lewis Parsons via Unsplash
Titelbild Mareike @ Matthias Goldbach
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