Woran liegt es eigentlich, dass wir seit Jahren alle dauergestresst sind und unser Alltag scheinbar immer schwerer zu bewältigen ist? Und warum ist Stress dabei auch ein bisschen zum Statussymbol geworden? Obwohl wir ihn nicht wollen, gilt, derjenige der Stress und viel zu tun hat, als wichtig.
Der gestresste Mensch steckt in einem Hamsterrad. Wie ein hechelnder Hamster im Käfig läuft er auf und ab in seinem Rad. Der Hamster hat einen enormen Bewegungsdrang. Wenn er jedoch genug hat, steigt er aus. Wir Menschen steigen selten aus, wir bleiben im Rad und laufen immer weiter und weiter.
Doch was ist Stress überhaupt? Vereinfacht gesagt ist es die Reaktion unseres Systems auf besondere Belastungen oder Bedrohung. Der Organismus versetzt sich selbst in einen Stresszustand und befähigt uns kurzfristig zu besonderer Leistungsfähigkeit. Man könnte meinen, Stress ist der Antrieb, den wir in einer Notsituation brauchen.
Stress – positiv oder negativ
Stress – schon wenn wir das Wort hören, entsteht eine negative Assoziation. Dabei ist Stress nicht nur negativ, denn es gibt neben dem negativen Distress, auch positiven Stress, den Eustress. Beim positiven Stress geht man davon aus, dass uns die Stresshormone, die erzeugt werden, leistungsfähiger machen.
Eustress, das sind eher kurzfristige Anspannungen, bei denen wir das Gefühl haben, dass wir die Situation gut meistern können. Dieser Stress fordert uns heraus, wechselt sich aber mit Entspannung ab und hinterlässt Glücksgefühle. Diese Art von Stress kennen wir zum Beispiel von Sportlern.
Wichtig ist der Wechsel zwischen Stress und Entspannung. Der moderne Mensch hat heute diverse Rollen zu erfüllen, zwischen Beruflichem und Privatem bleibt kaum noch Zeit für Erholung.
Negativer Stress zeichnet sich durch lange Belastungsphasen aus, die Entspannung fehlt und diese Art von Stress macht uns ängstlich und gereizt. Wir haben nicht das Gefühl, dass wir der Situation gewachsen sind – wir sind schlichtweg überfordert.
Die größten Stressfaktoren
Die Stressstudie der Techniker Krankenkasse „Entspann dich Deutschland“ aus 2016 hat unter anderem herausgefunden, was Menschen am meisten stresst. Auf Platz eins: die Arbeit. Dicht gefolgt von dem eigenen Anspruch. Es folgen zu viele Termine & Verpflichtungen, die Teilnahme am Straßenverkehr, ständige Erreichbarkeit und die schwere Krankheit von nahestehenden Personen.[1]
Und natürlich hat jede Lebensphase ihre eigenen Auslöser. So ist es bei den 18-29 Jährigen der Beruf, bei den 30-39 Jährigen die Kinder und bei den bis 49 Jährigen die privaten Konflikte.[2]
Körperliche Anzeichen von Stress
Woran merken wir eigentlich, dass wir unter negativer Dauerbelastung stehen? Nicht jeder hat ein feines Körpergefühl und merkt sofort das etwas nicht stimmt. Bei manch einem ist ein Burnout die letzte Alarmstufe, dabei gab es vielleicht zuvor schon Anzeichen. Der Autor Gabor Maté spricht in seinem Buch „Wenn der Körper nein sagt“ von verborgenem Stress. Das sind alte Probleme, die gut verschnürt, weggepackt wurden und über Alarmsignale des Körpers auf einmal an die Oberfläche kommen.
Zu den Hauptzeichen des Körpers gehören schlechter Schlaf, dauernde Müdigkeit und ein Erschöpfungsgefühl. Wer nach sieben Stunden Schlaf immer noch matt und erschöpft ist, sollte dies ernst nehmen. Zumindest wenn kleine Kinder nicht der Grund sind. Wer schlecht einschlafen kann und dauernd aufwacht, kann überprüfen ob tagsüber einfach zu viel los ist.
Auch Ohrgeräusche, Zähneknirschen und Muskelverspannungen sind Zeichen für ein dauerhaftes Zuviel. Oftmals fällt es Betroffenen schwer überhaupt zu entspannen und den Stress auch zu erkenne. Auch ständige wechselnde Beschwerden wie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder starkes Schwitzen können ein Indiz dafür sein, dass der Stress zu hoch ist.
Die eigene Einstellung
Wie können wir, gerade wenn es unveränderliche anstrengende Situationen in unserem Leben gibt, den eigenen Blick auf Stress verändern? Die Studie der Techniker Krankenkasse fand heraus, dass Menschen die Stress als negativ empfinden, deutlich mehr gestresst sind, als Menschen, die positiv über Stress denken. Es hat eine Auswirkung, wenn wir denken, dass uns Stress krank macht.[3]
Und: Wer ohnehin unter Strom steht, hat auch öfter das Gefühl, dass der Stress noch mehr wird. Bei gestressten Menschen verengt sich der Blick und Betroffene nehmen Belastungen als besonders massiv wahr.[4]
Was verändert sich, wenn wir gestresst sein akzeptieren und weniger negativ bewerten? Es wird vieles besser, wenn wir Formulierungen wie „Ich muss“ oder „Ich kann nicht“ aus unserem Wortschatz einfach streichen und gegen positive austauschen. Denn der Druck, den wir uns selbst machen, ist der größte Stressauslöser.
Ganz oft hängt Stress auch mit dem eigenen Anspruch zusammen, der oft viel zu hoch ist. Wir legen eine Messlatte an, von der wir andere Menschen verschonen. Im Coaching versucht man hier über sogenannte Extremsätze herauszufinden, was die größte Angst des Gestressten ist. Anhand einer beispielhaften Stress Situation kann man überlegen, welche Gefühle dabei vorherrschend waren. Nachdem man sich damit auseinandergesetzt hat, werden die Sätze ins Gegenteil gedreht. Es ist überraschend zu sehen, was dabei alles in Gang gesetzt wird.
Was hilft
Es gibt kleine Stellschrauben, an denen wir drehen können. Das eigene Zeitmanagement, ein Coaching, geplante Ruhezeiten, neurogenes Zittern, Meditation und Entspannungstechniken. Gabor Maté empfiehlt emotionale Kompetenz, weil sie uns hilft mit Gefühlen und Wünschen besser umzugehen. Stress entsteht auch, wenn wir unsere Emotionen nicht spüren oder wenn wir unsere Emotionen nicht ausleben können. Als besonders wichtig beschreibt er, die Fähigkeit zwischen Reaktionen zu unterscheiden, die einer aktuellen Situation geschuldet sind oder der Vergangenheit. Denn wenn diese Unterscheidung verschwimmt, empfinden wir drohenden Verlust, wo dieser nicht vorhanden ist. [5]
Was ebenfalls herausgefunden wurde: Hoher Stress geht immer auch mit dem Wunsch nach Veränderung einher. Es lohnt sich mit etwas Abstand einen Blick auf die Dinge zu werfen, die verändert werden möchten. Und es dann auch zu tun.
[1] „Entspann dich, Deutschland“ – die TK Stressstudie 2016, S.13
[2] „Entspann dich, Deutschland“ – die TK Stressstudie 2016, S.15
[3] „Entspann dich, Deutschland“ – die TK Stressstudie 2016, S.3
[4] „Entspann dich, Deutschland“ – die TK Stressstudie 2016, S.11
[5] „Wenn der Körper nein sagt“, Gabor Maté, S. 42
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