Erfüllt arbeiten, wie geht das aus Sicht des Ayurveda, der aus Indien stammenden Wissenschaft des Lebens? Und wie macht das eine viel beschäftigte Pitta-Frau, die Kinder und Unternehmen schaukelt?
Wir haben mit Dr. Janna Scharfenberg, praktische Ärztin und Ayurveda-Expertin, gesprochen. Sie hat im Bereich Ayurveda ihre Herzensberufung gefunden und gibt diese in Weiterbildungen und ihrem Podcast „Einfach Gesund Leben“ weiter. Aufgepasst, hier sind einige gute Tipps dabei!
Janna, wie erklärst du Neulingen die Lehre des Ayurveda kurz & knackig?
Ayurveda ist die Wissenschaft oder Weisheit des Lebens. Das bedeutet konkret, dass sich Ayurveda damit auseinander setzt, wie wir alle in unserer individuellen Balance leben können und uns dabei voller Energie und erfüllt fühlen. Dafür werden verschiedene Komponenten wie Pflanzenheilkunde, Ernährung, Rituale, aber auch spirituelle und soziale Aspekte berücksichtig. Als Kern hat der Ayurveda dabei die Naturelemente (Erde, Wasser, Feuer, Luft und Äther), die sich zu den sogenannten Doshas (Bioenergien) zusammen schliessen.
Wie arbeiten wir im Sinne von Ayurveda erfüllt und im Einklang mit unseren Ressourcen?
Zunächst einmal ist es wichtig anzuerkennen, dass es hier keine Trennung zwischen Arbeit und Privatleben im gesundheitlichen Sinne gibt. Es macht einfach keinen Sinn sich in der Freizeit durch Yoga, Meditation etwas gutes zu tun und sich trotzdem langfristig beruflich in ein Hamsterrad zu begeben, was uns komplett verausgabt und nachhaltig unsere Energiereserven anzapft. Daher ist es für uns alle spannend hier einmal hinzuschauen. Was ist mir wichtig für meine Gesundheit? Was brauche ich ganz individuell? Und wie lässt sich dies mit meiner Arbeit vereinbaren bzw. wie kann ich diese Grundqualitäten mit in meinen Arbeitsalltag nehmen.
Wie können uns die Doshas dabei helfen, herauszufinden, wie wir entspannt arbeiten?
Insgesamt gibt es drei Doshas bzw. biologische Regelkräfte, die wir in der Natur als auch auch in uns Menschen finden. Vata ist unser dynamisches Prinzip und hat viel mit dem Beweglichen zu tun. Pitta ist das transformative Prinzip und steht für das feurige im Leben. Kapha ist das strukturelle Prinzip und repräsentiert die Erde. Jeder Mensch trägt alle drei Doshas in sich, sonst wären wir nicht lebensfähig. Aber häufig ist es einfach so, dass ein oder zwei Doshas dominant sind und somit stark unsere Charaktereigenschaften und körperlichen Begebenheiten beeinflussen. Je besser wir uns selbst kennen und natürlich auch auf unsere Bedürfnisse hören, umso besser klappt es mit der Entspannung am Arbeitsplatz.
Kannst du kurz die Dosha-Typen und ihre typischen Arbeitsverhaltensweisen skizzieren?
Je nachdem ob wir nun eher ein luftiger Vata-Typ, ein feuriger Pitta-Typ oder eben ein erdiger Kapha-Typ sind, haben wir verschiedene Ansprüche an unsere Arbeitswelt. Vata liebt ein kreatives Umfeld, verzettelt sich aber auch gerne einmal. Pitta ist ein toller Leader, kann aber sehr schnell in den Hustle-Modus übergehen. Kapha ist sehr gewissenhaft, kann aber manchmal nicht so gut vorwärts kommen. Je nachdem was bei uns aktuell sehr präsent ist, können wir schauen, was wir brauchen bzw. welches Umfeld uns gut tun würde.
Wie drückt sich die Lehre des Ayurveda in deinem Arbeitsalltag aus?
Ich lasse hier ganz verschiedene Komponenten mit einfliessen:
1) Routinen: Mir ist es sehr wichtig rund um den Arbeitsalltag meine festen Routinen zu haben. Wann mache ich Pause? Was habe ich für mich selbst getan, bevor ich morgens am Schreibtisch starte? Habe ich genügend Zeit um eine Mittagspause in Ruhe zu verbringen.
2) Arbeitsqualitäten: Verschiedene Aufgaben im Arbeitsalltag können verschiedene Qualitäten von uns benötigen. Für Geduldsaufgaben wie beispielsweise die Buchhaltung oder Schreiben von Texten braucht es die Kapha-Ruhe. Für Gespräche mit Kooperations- und Geschäftspartner*Innen eher ein feuriges Pitta. Zum Kreieren von neuen Angeboten eher den Vata-Freestyle. Ich versuche hier jedem Tag oder zumindest verschiedenen Zeitblöcken dementsprechend eine gewisse Dosha-Qualität zu geben und in dieser Zeit nur Aufgaben zu erledigen, die für mich in diese Kategorie fallen. Das ist natürlich bei jedem etwas anders, was wir wie einordnen, aber hier etwas zu bündeln hilft ungemein konzentriert und fokussiert zu bleiben.
3) Allgemein: Und natürlich fliessen für mich die wichtigen Grundwerte des Ayurveda von Entspannung, nachhaltiger Gesundheit und Balance ganz grundsätzlich in die Grundwerte meines Unternehmens mit ein.
Zuviel, zu wenig – wie findest du am besten Balance und Gleichgewicht, wenn viel los ist?
Ich selbst bin ein ausgeprägter Pitta-Typ und habe eigentlich ein hohes Energielevel. Das bedeutet, dass ich viel Umsetzen kann, dann aber leider immer erst Hinterher merke, dass ich mich komplett übernommen habe. Daher ist es für mich wichtig vor allem das „etwas weniger“ zu leben. Das bedeutet, dass ich versuche Aufgaben mit mehr Entspannung zu erledigen, um nicht zu sehr in den Hustle Modus umzuschalten und dann bewusst mehr Pausen integriere. Bei einem Leben mit zwei kleinen Kindern und zwei Unternehmen (wobei das zweite gerade im Aufbau ist), ist naturgemäß immer irgendwie viel los. Mir hilft es diesen Zustand initial einfach einmal zu akzeptieren und dann aber nicht damit zu verknüpfen immer Vollgas zu geben, sondern auch zwischendurch einen Nachmittag frei zu machen, auch wenn die ToDo-Liste überquillt.
Was hat dir dabei geholfen Erfüllung im Beruf zu finden?
Mir helfen hier immer ein paar unterschiedliche Aspekte:
- Mir nicht zu viele Gedanken machen, was andere von mir denken könnten oder wie sie meinen unkonventionellen Karriere- und Lebensweg finden. Das kostet nur Energie und ich kann eh nicht beeinflussen, was andere Menschen sich für eine Meinung machen wollen.
- Das tiefe Vertrauen, dass es immer einen Weg gibt. Auch in Zeiten, wo vieles unsicher erscheint, kann das mental sehr herausfordernd sein, sich nicht ständig mit dem Worst-Case-Szenario auseinanderzusetzen, aber je mehr wir uns darin üben im Vertrauen zu sein, desto besser finden wir Wege etwas grossartiges zu erschaffen.
- Und am wichtigsten: Ich sehe mich selbst als die wichtigste Ressource in meiner Arbeit. Wenn ich nicht mehr kann, kann es mein Unternehmen auch nicht mehr. Es hat zwar ganz ehrlich eine ganze Weile gedauert bis ich mir selbst quasi die „Erlaubnis“ gegeben habe Selbstfürsorge als essenziellen Bestandteil meiner Arbeit anzusehen, aber es klappt immer besser. Mittlerweile kann ich auch einen Spaziergang oder eine Massage schon fast als Arbeitszeit ansehen :)
Wir danken Janna für das Gespräch!
Über Janna Scharfenberg:
Dr. Janna Scharfenberg ist prakt. Ärztin, Ayurveda-Expertin, Yogalehrerin, Buchautorin und Unternehmerin. Im Bereich Ayurveda hat sie ihre Herzensberufung gefunden und gibt diese in ihrem Podcast „Einfach Gesund Leben“ und in verschiedenen (Online-) Aus- und Weiterbildung sowie Programmen weiter. Janna lebt mit ihren zwei kleinen Töchtern und ihrem Mann in Zürich.
Titelbild @ https://www.alyaesch.com
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