Portrait Catrin Meyer und Bild einer meditierenden Frau vor dunkelgrauem Hintergrund

MBSR – Wie wir Stress mit Achtsamkeit stoppen

Unsere Redakteurin Catrin Meyer aus Hamburg hat sich früher oft gestresst gefühlt. Warum sich das durch die Teilnahme an einem MBSR-Kurs verändert hat, erzählt sie im Artikel.

Wenn man gefragt wird, ob man was zum Thema Stress schreiben mag, und die spontane Antwort lautet „Eigentlich gern, aber ich bin gerade ziemlich im Stress“ – dann ist das vielleicht genau der richtige Moment, es zu tun! Fand ich zumindest. Denn: Natürlich wäre es auch eine Strategie, nein zu sagen und auf diese Weise für mich zu sorgen (weniger zu tun = mehr Zeit für mich). Tatsächlich habe ich aber just in dem Moment gemerkt, dass mich der Stress gar nicht mehr so stresst wie früher mal. Wie bitte schön konnte das passieren? Klar ist: Los ging’s mit einem MBSR-Kurs vor knapp zwei Jahren. Da lernte ich so dies und das über Stress, was er mit uns macht und welche Wege dabei helfen können, anders damit umzugehen. Aber gut, vom Wissen zum Fühlen ist es ja bekanntlich ein weiter Weg …

Was bedeutet eigentlich MBSR?

Irgendwie verwirrend sind ja schon allein die Begrifflichkeiten: MBSR, das heißt Mindfulness-Based Stress Reduction, zu Deutsch Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion – doch was genau wird da eigentlich reduziert? Natürlich kann kein Kurs dieser Welt dafür sorgen, dass wir weniger To-dos auf dem Tisch haben oder die Kunden nicht so nerven. Gleich zu Beginn des Kurses geht’s deshalb um die Frage, was Stress überhaupt ist. Genau genommen sind all diese stressigen Situationen, die wir kennen, für sich genommen nämlich gar kein Stress – es sind vielmehr Reize, die durch unsere Bewertung Stress in uns auslösen. Das heißt: Empfinde ich eine Situation in irgendeiner Weise als bedrohlich und sehe keine Möglichkeit, sie zu bewältigen, dann kommt es zur Stressreaktion.

Diese Unterscheidung von Stressauslöser, Bewertung und Stressreaktion mag erstmal abstrakt klingen, kann aber tatsächlich bei der Stressreduktion helfen. Denn: Auch wenn dieser Prozess in aller Regel superschnell und ohne unser Zutun abläuft, haben wir die Möglichkeit, Einfluss darauf zu nehmen – nämlich indem wir wahrnehmen, was da gerade geschieht. Allein dieses Wahrnehmen hat bei mir schon eine Menge verändert, weil es mir das Gefühl nimmt, der Situation ausgeliefert zu sein. Nicht ausgeliefert zu sein bedeutet nämlich oft: Die Situation ist gar nicht so bedrohlich, wie ich sie zuerst empfunden habe – und in der Regel kann ich sie auch bewältigen.

Üben, üben, üben

Was bedeutet das konkret? Idealerweise nehme ich die stresserzeugende Situation direkt wahr, halte einen Moment inne, mache mir bewusst, was gerade geschieht, und wähle meinen Umgang mit der Situation, statt automatisch darauf zu reagieren. Soweit die Theorie. Ehrlich gesagt kam mir diese Darstellung im Kurs gleichzeitig etwas banal und ziemlich utopisch vor – denn wenn es so einfach wäre, sich bewusst zu entscheiden, dann hätte ich das ja wohl schon längst gemacht, oder?

Ehrlicherweise sagt auch Jon Kabat-Zinn, der das MBSR-Programm entwickelt hat, dass es doch recht viel von uns selbst verlangt wäre, Körper und Geist „durch einen bloßen Willensakt“ beruhigen zu können und einen Erfolg „quasi aus dem Nichts“ zu erwarten. Sein Ratschlag: üben, üben, üben … das Gute dabei: Gelegenheiten dazu finden sich reichlich! Das Mittel seiner Wahl ist der Atem, denn er hilft uns dabei, all die Hirngespinste über das was passiert ist und geschehen könnte als solche wahrzunehmen und in den gegenwärtigen Moment zu gelangen, Ruhe zu finden und den Körper genau in diesem Moment mit all seinen Empfindungen wahrzunehmen.

Für mich ist diese Kontaktaufnahme zu meinem Körper der Schlüssel, denn früher hatte ich in stressigen Phasen immer das Gefühl, dass ich selbst zum Stress werde – wir sind quasi verschmolzen zu einem unglücklichen, orientierungslosen Klumpen.

Catrin Meyer

Selbstbestimmung finden

Klar, so gibt es natürlich keine Distanz und auch keinen Entscheidungsspielraum. Mir mit ein paar Atemzügen zu vergegenwärtigen, dass nur ich in meinem Körper bin, und das, was ich als Stress empfinde, außerhalb passiert – allein das nicht nur zu wissen, sondern auch zu spüren, war für mich ein echter Gamechanger. Und ich habe gemerkt, dass es das Gefühl der Machtlosigkeit war, was mich am meisten gestresst hat. Von Mal zu Mal hat das selbstverständlicher funktioniert und ist mir offensichtlich, ganz still und heimlich, irgendwann in Fleisch und Blut übergegangen. Was natürlich nicht heißen soll, dass ich jetzt jederzeit tiefen entspannt durch die Gegen schwebe und mich nichts mehr aus dem inneren Gleichgewicht bringen könnte. Aber ich weiß, dass ich in mir drin über alles verfüge, was ich brauche, um selbstbestimmt mit der Situation umzugehen.

Im MBSR-Kurs und einem anschließenden Vertiefungskurs habe ich viel über den Umgang mit Stress gelernt und mich vor allem mit anderen darüber ausgetauscht und gemeinsam darin geübt – auch das ist ein wichtiges Element, was ich anfangs unterschätzt habe. Wenn du dich lieber jenseits eines Kurses mit dem Thema auseinandersetzen magst, kann ich das Buch „Gesund durch Meditation“ von Jon Kabat-Zinn wärmstens empfehlen, denn es ist wirklich praxisorientiert und gut zu lesen.

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Bild Catrin @ Küstenliebe-Fotografie


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