Portrait Simone Lopez Sanchez i Vordergrund. Frau im Hintergrund die schreibt.

Sich selbst näher kommen – so entwickelst du eine Schreibroutine*

In diesem Text erzählt Simone vom Schreiben, der Nähe zu sich selbst und wie du das Schreiben als kleines therapeutisches Hilfsmittel für dich nutzen kannst. Inklusive Tipps für eine entspannte Schreibroutine.

Kommen wir direkt zum Punkt: Schreiben erfordert eine große Nähe zu sich selbst. Das hat immer auch was mit Mut, Ruhe und Erlauben zu tun. Mut, weil es nicht immer so einfach ist, die schwierigen Dinge an sich ran zu lassen. Ruhe, weil nur dann das an die Oberfläche kommt, was wirklich wichtig ist. Und wir müssen es uns selbst erlauben, all das zu fühlen und dann auch zu Papier zu bringen.

Verstehen und Verarbeiten

Ich schreibe, weil es mir hilft, Dinge zu verstehen und zu verarbeiten. Jede Kolumne, die du in diesem Magazin findest, ist immer eine Verarbeitung von Dingen, die mir passiert sind. Ich glaube, wir alle können das Schreiben nutzen, um zu verarbeiten, Dinge loszulassen und uns näher zu kommen.

Das zeigt zum Beispiel die schöne Methode des Journalings: Es ist sehr hilfreich sich hinzusetzen und die Gedanken einfach fließen zu lassen und ohne Punkt und Komma in einem Fluss alles niederzuschreiben. Das Schreiben bewirkt so viel, weil wir in dem Moment, wo der Stift das Papier berührt, den Kopf ausstellen. Der Verstand verstummt, das Unterbewusstsein meldet sich und genau das wollen wir. 

Genauso hilfreich sind Fragen, die du dir selbst stellst und beantwortest. Das kann eine einfache Frage jeden Morgen sein, z.B.: Wie fühle ich mich? Und am Abend könntest du dich fragen: Wofür bin ich dankbar? Diese einfachen Dinge regelmäßig aufzuschreiben, macht nachweislich glücklicher und zufriedener. Und durch das geschriebene Wort, laufen die Gedanken einmal durch uns durch.

Der Prozess des Schreibens hilft beim Loslassen, Verarbeiten und Verstehen und dabei, sich Dinge zu merken. Wer sich größeren Fragen stellen möchte, findet wunderschöne Fragen in Tracee Stanleys Buch „Radiant Rest“ oder auch bei Georg Lolos in seinem Buch „Halt finden in sich selbst“.

Die Nähe zu sich selbst

Schreiben setzt eine Nähe voraus, zu sich selbst und den Dingen und Menschen, um uns herum. Jeder kann von jetzt auf gleich eine Geschichte schreiben, in dem er sich auf einen kleinen Spaziergang begibt und die Dinge um sich herum beobachtet. Wann immer wir uns Zeit nehmen, Dinge zu beobachten und die Gedanken kreisen lassen, kann daraus ein Text und eine Einsicht über das Leben entstehen. 

So ist es auch mit den Menschen um uns herum, wenn wir ihnen zuhören, mit ihnen in Kontakt kommen, dann können sich daraus die schönsten Dialoge und spannendsten Geschichten ergeben. Und so ist es auch mit uns selbst: Wenn wir der inneren Stimme lauschen, wenn wir in den Dialog gehen, dann wird es spannend. 

Im Workshop von Susanne Kaloff habe ich gelernt: Schreiben ist immer der Ausdruck eines Gefühls. Ein Gefühl, dass sich in uns breit macht oder leise anklopft und gesehen werden will. Immer dann, wenn ein Gefühl die Bühne betritt, hilft es, wenn wir uns selbst Fragen stellen, um es noch genauer zu erforschen. Zum Beispiel Traurigkeit. Wir können genauer hinsehen und uns fragen, woher diese Traurigkeit kommt. Ist es ein Gefühl aus dem Hier und Jetzt oder ein Gefühl von früher, ausgelöst durch einen Trigger. Mit ein bis zwei Fragen.

Die Schreibroutine

Ich glaube, eine Schreibroutine ist kein Muss, aber sie kann einen therapeutischen Effekt haben. Es gibt viele Autorinnen und große Künstler, die jeden Tag ein Schreibpensum im stillen Kämmerlein absolvieren. Es gab auch früher Yogis, die in einem Berg gelebt und jeden Tag Stunden meditiert und die dollsten Sachen angestellt haben. Die hatten aber auch keine schreienden Kinder, einen Job und einen Haushalt. Du merkst, worauf ich hinaus will – jeder so, wie er kann. 

Wenn es einen regelmäßigen Rhythmus des Schreibens gibt, zum Beispiel morgens und abends, ist das toll. Aber wenn es den nicht gibt, ebenfalls. Denn es gibt Zeiten, da fällt es uns vielleicht schwer zu schreiben und es gibt Zeiten, da fließt es förmlich aus uns heraus. Wichtig ist, so glaube ich, dass wir diese Zeiten dann auch am Schopf packen.

Ich habe manchmal abends im Bett, im Auto oder an den skurrilsten Orten, Ideen für Wörter, Textpassagen und Artikel, wenn ich die nicht aufschreibe, sind sie ganz oft komplett weg und kommen nicht wieder. 

Schreib in ein großes leeres Buch

Eine ganze Zeit lang habe ich in einem großen Buch jeden Monat die wichtigsten Dinge notiert, oft immer nach der Yogapraxis. Das war ebenfalls eine Art Schreibroutine im Tagebuch-Stil, die mir dabei geholfen hat, mir selbst auf die Schliche zu kommen und meine Gefühle zu verstehen. Ich stellte fest, ich habe mindestens alle zwei Monate das Gefühl, nicht gut genug zu sein oder Ähnliches. Das fand ich sehr spannend und dabei hat die Routine natürlich geholfen. 

Und ich empfehle immer wieder, dass wir uns bei der Yogapraxis ein kleines Büchlein neben die Matte legen. Oft kommen während der Praxis Dinge hoch, die wir festhalten sollten. Das können tolle Ideen sein, Einsichten oder etwas, das wir über uns selbst verstanden haben. Das finde ich wichtiger als eine strengen Schreibtermin im Kalender, denn Termine haben wir alle genug.

Daher wären mein Tipps für eine Schreib-Routine, wenn du eine möchtest:

  1. Kaufe dir ein großes Notebook und unterteile es in die 12 Monate des Jahres.
  2. Beginne im Dezember diesen Jahres und nutze die Rauhnächte und den Jahresübergang, um Persönliches zu notieren.
  3. Schreibe danach jeden Monat auf, was dir wichtig ist. Dazu gehört, worüber du dich gefreut hast, aber auch, was schwierig war und dich beschäftigt hat. Mal kannst du Erlebnisse notieren, wie in einem Tagebuch. Mal lässt du die Gedanken fließen und kommst in einen Fluss. Mal stellst du dir drei Fragen.
  4. Beobachte, was durch die Schreibroutine passiert und bei dir in Gang kommt. 


Buchtipps:

Leben, Schreiben, atmen von Doris Dörrie
Writing down the Bones von Natalie Goldberg
Achtsames Schreiben von Sandra Miriam Schneider

Portrait Simone @ Anna Lena Duschl
Bild Hintergrund @ Darius Bashar via Unsplash

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Kategorien Life

Simone ist Mama eines kleinen Jungen, leidenschaftliche Yoga- und Meditationslehrerin, Podcast-Gastgeberin, freie Autorin und PR-Beraterin und ihre große Liebe ist das Schreiben. Sie ist verantwortlich für alle Inhalte und Texte bei PersonalityMag.

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